David Bowie - John Lennon - Fame - 1975

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Carol Rose
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David Bowie - John Lennon - Fame - 1975

Beitrag von Carol Rose » 08 Apr 2023, 01:18

1975 - John Lennon kehrt in diesem Jahr von May Pang zu Yoko Ono zurück - er schreibt mit David Bowie den sehr erfolgreichen Song "Fame".
Es fällt auf, dass dieser Song eine interessante Schlusszeile enthält: Nämlich: "Feeling so gay - feeling gay".
Hier ist nun zu rätseln, wie gay verwendet wurde:
In negativer Konnotation? In positiver? In neutraler?
Der Song kritisiert Ruhm und stellt Ruhm als erstrebenswertes Ziel infrage.
Der Text schließt mit der Bemerkung, Ruhm würde sich wie schwul anfühlen.
Meine Vermutung ist nun, dass schwul in negativer Konnotation verwendet wurde,
um damit Ruhm, wie auch im gesamten Text, zu hinterfragen, zu kritisieren.
Eine neutrale Verwendung von gay ist daher so gut wie unwahrscheinlich.

Natürlich ist bekannt, welchen Stellenwert Bowie damals und bis heute einnimmt, wenn es darum geht,
eben keinen Stuhl zu besetzen, auf dem allein hetero steht.
Am 22. Januar 1972 porträtiert der Melody Maker David Bowie anhand eines Interviews, indem Bowie mit dem Satz zitiert wird:
„I’m gay, and always have been, even when I was David Jones.“
Natürlich kokettiert er später mit der Aussage und verändert diese in Richtung bisexuell.
Es gehörte zu dieser Zeit zum guten Ton, bisexuell war liberaler, freier und passte in diese Zeit der sexuellen Revolution nahtlos hinein.
Eine Aussage bisexuell zu sein war ein Synonym für eine Begrüssung einer verändernden Dynamik der Gesellschaft
und galt als Hebel auf sexueller Ebene, sich gegen das Establishment zu stellen.
Dass Bowie vorher mit gay eine Aussage machte, die provoziert hatte, kann der Quote geschuldet gewesen sein,
Aufmerksamkeit ist im Pop-Biz die wichtigste Währung.
Unter diesen Aspekten könnten wir aber annehmen, dass er die letzte Zeile von "Fame" - und der Text stammte von David Bowie,
in positiver Konnotaion gemeint haben könnte - in versteckt positiver Konnotation, da wie wir sehen,
ja nicht sicher ist, wie er es nun wirklich gemeint hat mit dieser Zeile
und ihm damit eine Grauzone und Spielwiese bleibt, die Gay-Minderheit hier zu unterstützen.
Das wäre also die dechiffrierte Interpretation.

Die rein offizielle Interpretation muss negativ ausgelegt werden. Feeling gay als Schlussbemerkung eines Textes, der Ruhm kritisiert,
kann für jeden, der diesen Text eindimensional und vor allem ohne die Person David Bowie selbst zu berücksichtigen,
nur als negativ gegenüber gay verstanden werden.

Die Pop-Welt war auch noch meilenweit davon entfernt, gay als neutralen, oder gar als positiven Eigenschaftsfaktor den Fans mitzuteilen.
Als Orientierung sei die Biographie von George Michael zu empfehlen: Seine Produzenten rieten ihm davon ab, sich in den 80er Jahren zu outen.
1991 sickerte es dann durch, im Zuge seiner Beziehung zu Anselmo Feleppa. Und noch 1998 war gay völlig konträr zur juristischen Lage in
seiner Lebenswelt: Im April 1998 wurde er von einer Zivilstreife in einer Toilette in Los Angeles beim Cruising erwischt, verhaftet und zu Sozialstunden und einer Geldstrafe verurteilt. Diese Anektode soll als Platzhalter für bücherfüllende weitere Gründe und Umstände herhalten, dass gay eine negative Konnotation 1975 darstellen muss.

Heute wäre es unvorstellbar, dass Bowie oder Lennon gay mit negativem Vorzeichen in einem Text verwenden würde,
denn beide Menschen stehen für die Revolution der Freiheit, Unabhängigkeit und für ein Leben ohne Repressalien.
So hat sich m.M.n. die Welt in ihre Wunschrichtung verbessern können und Fame wurde von der Wirklichkeit überholt,
und die Schlusszeile könnten wir heute so verstehen:
Ruhm ist wie eine wundervolle Droge, so schön, genauso wie gay zu sein.


Hier der gesamte Songtext, um selbst einen Versuch zu unternehmen, wie "feeling so gay" gemeint sein könnte:

Fame, makes a man take things over
Fame, lets him loose, hard to swallow
Fame, puts you there where things are hollow
Fame
Fame, it's not your brain, it's just the flame
That burns your change to keep you insane
Fame
Fame-f-fame
Fame, what you like is in the limo
Fame, what you get is no tomorrow
Fame, what you need you have to borrow
Fame
Fame, "Nien! It's mine!" is just his line
To bind your time, it drives you to crime
Fame
(What's your name?)
Fame
Could it be the best, could it be?
Really be, really, babe?
Could it be, my babe, could it babe?
Really, really?
Is it any wonder I reject you first?
Fame, fame, fame, fame
Is it any wonder you are too cool to fool
Fame
Fame-f-fame
Fame, bully for you, chilly for me
Got to get a rain check on pain
Fame
Fame, fame, fame, fame, fame, fame, fame, fame, fame, fame
Fame, fame, fame, fame, fame, fame, fame, fame, fame, fame
Fame, fame, fame
Fame
What's your name?
(whispered)
Feeling so gay, feeling gay

Songwriter: Carlos Alomar / David Bowie / John Lennon

Bei diesem Auftritt 1975 ist die Schlusszeile nicht zu hören,
interessant sind die vielen Kommentare, die eindeutig der Gay-Community zuzuordnen sind,
und durchwegs positiv auf den Auftritt reflektieren,
ob die Kommentatoren die letzte Zeile kennen und sich auch den Kopf zerbrochen haben?
Die meisten sicher nicht denke ich.




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