schwarz-grün? ja! Aber ohne Transsexuellengesetz!
- Carol Rose
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schwarz-grün? ja! Aber ohne Transsexuellengesetz!
Sommer 2015… USA und Irland ermöglichen die „Ehe für Alle“ – Deutschland diskutiert diese Themen wochenlang, schafft es aber nicht, sich anzuschließen. Die Union zieht die Politik der stillen Hand vor.
Dann: 2 Jahre später wird die „Ehe für Alle“ Realität. Kurz vor der Bundestagswahl neutralisiert die Bundeskanzlerin das Thema, es hat zur BTW 2017 keine Bedeutung mehr für die Wähler.
Sommer 2019… Die Novellierung bzw. sogar Löschung des Transsexuellengesetz (Sondergesetz) misslingt. Das Ergebnis sorgt bei den Organisationen und Verbänden für Enttäuschung, sie hatten sich viel mehr erhofft.
2 Jahre später könnte es eine Parallele zur „Ehe für Alle“ geben, das Transsexuellengesetz könnte ein Pfand werden, ein Objekt der Strategie. Ein Pfand der Grünen für die schwarz-grüne Koalition während der Koalitionsverhandlungen. Oder sogar bereits eine strategische Maßnahme der Union vor der Wahl, denn die Löschung wäre vom Schreibtisch des CSU Innenministers Horst Seehofer möglich. Christine Lambrecht, SPD, die Justizministerin, würde ihn nicht aufhalten.
Die CSU und schwarz-grün? Ja. Franz-Josef-Strauß hat davor gewarnt. Doch jetzt steuert die CSU selbst in den grünen Hafen. Markus Söder, mittlerweile mit seinem 2. Kabinett in Bayern Ministerpräsident, bleibt keine andere Wahl. Bereits auf dem letzten CSU Parteitag im Okt. 2019 testete er die Schmerzgrenze der Delegierten. Er forderte eine Frauenquote. Dies endete in einem Kompromiss und zeigte die Grenzen auf. Die CSU war noch nicht so weit, nicht bereit für einen pro-Grünen Kurs, unabhängig davon, ob diese Frauenquote sinnvoll ist oder nicht, war die Gegenwehr doch eher eine politische.
Um die Bundespolitik in Berlin im Jahr 2021 zu verstehen, müssen wir die zeitgleich ablaufende Bayernpolitik verstehen. Markus Söder hat ein Problem. Bei der letzten Landtagswahl im Herbst 2018 leckte das CSU-Schiff. Die AFD trat erstmals in Bayern an und holte 10,2%. Gleichzeitig konnten die Grünen ihr Ergebnis von 2013 verdoppeln und landeten bei 17,6%. Und das ganz ohne Fukushima, das die Grünen 2011 mit 24,2% in den bisher von der CDU dominierten baden-württembergischen Landtag katapultierte. Der erste grüne Ministerpräsident, Winfried Kretschmann, kam ins Amt, bis heute. Und jetzt auch das grüne Stoppsignal in Bayern. Aber nicht allein das. Gleich zwei neue Parteien im bayerischen Landtag, und das sogar jeweils zweistellig, das sind keine Normalitäten für die machtverwöhnte CSU, die weder Koalitionen gewohnt ist, noch dass sie nicht die absolute Mehrheit hat. Die Freien Wähler mussten als Bündnispartner herhalten, um die beiden Lecks abzudichten.
Nun war eine Richtungsentscheidung angezeigt: Nach links oder rechts? Seit 2019 wissen wir, dass Markus Söder sich auf Kuschelkurs mit links begeben hat. Die A-Partei wird vehement bekämpft. Soweit die Ursache dieser politischen Entscheidung, die äußerst ungewöhnlich für die CSU ist.
Für Menschen außerhalb Bayerns sei noch angemerkt: CSU Politik war schon immer vom Versuch des Spagats geprägt, stockkonservative Bayernwähler auf sich ziehen zu sollen, sowie aber seit Jahren liberale Berliner Bundespolitik mitzuverantworten.
Das Paradoxum, was daraus nun entsteht ist, dass die CSU die Partei nun werden könnte, die als Impulsgeber für die Auflösung des Transsexuellengesetzes fungiert. Direkt oder indirekt. Diejenige CSU, die ganz vorne in den Reihen stand, wenn es darum ging, diese alten Konstrukte aufrechtzuerhalten. Angriffe erfolgreich abwehrte. Hier sei die Innenpolitik von Herrn Seehofer genannt, der die Gesetzeslücke des §45b PSTG schnellstens stopfte, als Menschen mit varianter Geschlechtsentwicklung die Liberalisierung dieses Personenstandsgesetzes für sich nutzen wollten. „Nein. Nur für Intersexuelle!“, hieß es schnell. Und schon war sie wieder da, die Definitionshoheit, wer denn nun Mann, Frau oder „Zwischen“ (divers) ist. Die Politik ist da immer genau im Bilde, vor allem wenn es um das Kümmern um die besorgten Wähler geht, die aus dem Bauch heraus ihren Willen über andere Menschen ausbreiten. Dieses Gefühl hatte Angela Merkel als „Bauchgefühl“ sogar beim Namen genannt, in der ARD Wahlarena 2013, als sie die Ehe für Alle zwar soweit in Ordnung fand, aber es eben als noch nicht zeitgemäß erachtete, um damit die Bürger zu konfrontieren.
Die Union braucht einen neuen Koalitionspartner, alles spricht dafür, dass es die am Boden liegende SPD nicht sein wird, sondern die Partei, deren Themen die breite Bevölkerung beschäftigt. Umwelt, Klima, CO2, E-Antriebe.
Im Februar 2021 legt Markus Söder noch etwas Kohle nach und sagt dem Stern: „Es wäre ein spannendes Zukunftsteam, das Inspiration bieten könnte, weil es die ganz große Frage unserer Zeit in den Blick nimmt: die Versöhnung von Ökonomie und Ökologie“
Klingt so, als ob Ökologie schon immer das Thema wäre, das die CSU vor sich hergetragen hätte. Gut. Wenn das so einfach geht, dann sollte die CSU sich auch mit dem grünen Thema Transsexualität nicht mehr so schwer tun. Genau das Thema, wofür sie immer noch keinen Einsatz zeigt. Einen LGBTTIQ-Aktionsplan gibt es in allen Bundesländern, Bayern hat es bisher noch nicht für nötig gefunden. Tessa Ganserer stößt auf Gegenwehr und Passivität. Kurioserweise ist sie auch noch die erste Parlamentarierin in Deutschland mit einer Biografie, die das Thema Transsexualität zum Thema hat. Und sie sitzt auch noch im Landtag von Bayern.
Taktisch wäre es also ein leichtes und klug, selbst die Partei zu sein, die endlich das unmenschliche und vom Bundesverfassungsgericht schon völlig zerlöcherte Transsexuellengesetz ad acta legt. Damit könnte die CSU Geschichte schreiben und sich perfekt für grüne Wähler profilieren. Der von den Wählern getriebene Impulsgeber Markus Söder spielt also den Ball zu seinem Parteigenossen Horst Seehofer, der in Berlin im Innenministerium sitzt. Worauf wartet die CSU also noch, wenn sie denn doch jetzt bereits sichtbar wahltaktische Spielzüge absolviert? Der Ball muss geschossen werden, wenn er auf dem Fuß liegt, sonst macht ein anderer das Tor.
Menschenrechte dürfen nicht zur politischen Handelsmasse werden. CSU! Stoppt jetzt das leidige Transsexuellengesetz von 1980 und legt es 2021 endlich auf die Müllhalde der Geschichte. Und dass Deutschland so lange gezögert hat, sagen wir nicht weiter, versprochen. Belgien, Dänemark, Frankreich, Irland, Malta, Norwegen, Portugal, Island haben es in Europa schon geschafft. Also ran Maggus, sonst machen Robert Habeck und Annalena Bearbock das Tor.
Titelbild-Fotocollage:
Reichstag Wettbewerbsentwurf, 1872
Ludwig Bohnstedt
siehe hierzu auch meinen Artikel vom 29. November 2019
"Die CSU könnte Geschichte schreiben"
Zuletzt geändert von Carol Rose am 07 Feb 2021, 13:05, insgesamt 1-mal geändert.
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Presse-Artikel zum Thema Selbstbestimmungsgesetz
Berliner Zeitung, 5. Februar 2021
"Transidentität: Selbstbestimmungsgesetz rückt näher"
Focus, 6. Februar 2021
Gender-Politik: Kritik an neuem Entwurf zur Bestimmung von Geschlechtern
Gastbeitrag von Birgit Kelle
Anmerkung: Die Meinungsgegner melden sich zu Wort - Birgit Kelle schrieb schon während des Ehe-für-Alle Diskurs 2015 gegen Genderpolitik an
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