Youtube-Performance: Mary geht einkaufen

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JasminRheinhessen
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Youtube-Performance: Mary geht einkaufen

Beitrag von JasminRheinhessen » 31 Jan 2015, 12:17

Hintergrund und Intention des Stückes
.
Das Stück ist eine Kritik an den Genitalismus in Form einer Satire.
.
Es prangert an, dass Geschlechter aufgrund ihres Genitals zugewiesen werden,
( Eintrag des Geschlechtes aufgrund des Genitals ins Geburtsregister, >"Hebammengeschlecht")
obwohl Intersexuelle uns sichtbar beweisen, dass das Geschlecht nicht über Genitalien definiert werden kann.

Das Stück transportiert die bereits wissenschaftlich erwiesene Erkenntnis aus der Hirnforschung,
die aber von der Sexologen- und Pathologen-Lobby tabuisiert wird,
dass das empfundene Geschlecht pränatal im Gehirn geprägt wird.

Es prangert an, dass manche sich nach einer Genitaloperation sich über das operierte Genital
(z.B. Neovagina) zum anderen Geschlecht abgrenzen wollen, und Nichtoperierte damit fremdbestimmen,
und sagen:
Diese (Frauen mit Penis) wären keine Frau,
weil sie einen Penis haben (obwohl sie vorher selbst einen hatten).

Diese Gruppe wird von Mary vertreten.
Die Gruppe die von der "Mary-Gruppe" fremdbestimmt wird,
wird von der Verkäuferin vertreten,
die nach Meinung der "Mary-Gruppe" natürlich ein Mann ist.

Das Stück zeigt auch auf, dass die "Mary-Gruppe" sehr auf Stereotype achtet,
z.B. ist das Tragen von Strumpfhosen ein Zeichen von "Frau",
und diese "Zeichen" dürfen nicht von "Männern", aus welcher Intention auch immer
"gekapert" werden.

Das Stück wurde bereits vor einem Jahr in Kurzform verfasst,
und erhält nun eine Überarbeitung.

Das Vorgespräch mit Ätztussi, der Freundin von Mary, ist wesentlich,
um den Zuschauer das Paradoxum besser vor Augen zu führen,
dass Mary eine Frau sein soll, aber die Verkäuferin nicht.

Das Stück verwendet Sprach-Elemente, die in der "TS-Community" sehr bekannt sind,
aber außerhalb niemand kennt.
Desshalb ist es ein sehr wertvoller zeitgenössischer Spiegel der Szene,
von Sachverhalten, die sonst nie an die Öffentlichkeit dringen.

In dem Stück wird der Diskurs, besser die Grabenkämpfe, wiedergespiegelt,
die weder in Selbsthilfegruppen der TS, feministischen Gruppen und Frauenverbänden,
oder auch in der Szene wie sie Olivia Jones, Nina Queer oder Conchita Wurst verköpern,
zur Sprache kommen.

Der behandelte Stoff ist aber innerhalb der "TS"-Community omnipräsent,
und hat die grösste Resonanz, heißt: Das Thema ist ein Dauerthema seit Jahrzehnten.

Dieses Thema wird von der Autorin des Stückes, Jasmin, innerhalb von Freeyourgender.de
und auch innerhalb ihres Buches "das unsichtbare Geschlecht", seit mehr als einem Jahr aufgearbeitet.

Das Script ist ein erster Versuch eines Snapshots,
das Problem in einer Sequenz von wenigen Minuten für Außenstehende transportabel zu machen.

Auch wenn das Stück als Satire angelegt ist,
wird es von der sogenannten "Mary-Gruppe" als Zündstoff gesehen,
da alles was von ihrer Selbstwahrnehmung abweicht ihre Identität zerstört.

Ihnen ist daher jedes Mittel recht, auch die Nichtakzeptanz anderer, auch dass dadurch
erzeugte seelische Leid, wird in Kauf genommen,
um durch ihre Operation zu sagen: Ich bin eine Frau und Du nicht.

Der tragische Suizid-Aspekt in diesem Diskurs, kann mit diesem Stück nicht aufgearbeitet werden,
da dieser über Mitleid und Emotion nicht die gewünschte Erkenntnis bringt,
sondern diese muss über rationale Logik erfolgen.

Die scheinbare Unlogik (Penis = Frau) des Stückes macht das Stück für Unwissende
anfänglich zur Comedy und interessant,
der unwissende Zuschauer wird aber dann an die Tatsache herangeführt,
dass er mit seinem Vorurteil falsch liegt.

Eine gesellschaftliche Kritik im Sinne von Karl Valentin, Lisl Karlstadt, Charly Chaplin und Loriot.
Zuletzt geändert von JasminRheinhessen am 04 Feb 2015, 23:01, insgesamt 1-mal geändert.



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JasminRheinhessen
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Protagonistin: Mary - Charakterbeschreibung

Beitrag von JasminRheinhessen » 31 Jan 2015, 12:46

Mary, "Frau mit TS-Vergangenheit"

Charakterbeschreibung:

Mary ist die zentrale Actrice des Stückes.
Auf ihr liegt die Hauptaufmerksamkeit der Zuschauer.
Sie ist am aktivsten, bringt sich massiv in den Mittelpunkt,
und hat das hohe Bedürfniss, allen in der Welt mitzuteilen und zu erkären,
dass sie eine Frau ist, und auch warum.

Das "Frausein" ist das elementare Lebenselixier für Sie,
es dreht sich alles nur um diesen Punkt.
Wird dies in Frage gestellt, ist das gleichbedeutend mit ihrem Untergang.

Sie ist eine tragische Figur, weil es niemanden gibt, der ihr glaubt:
Nicht die mit passendem Genital geborenen Frauen und Männer,
nicht die Mediziner, Pathologen, Sexologen, Konservativen, religiös Motivierten,
nicht die Medien, und auch nicht der unwissende Betrachter der Gesellschaft.

Stop: eine Gruppe glaubt ihr, diejenigen, die so fühlt wie Sie, die auch operiert ist.
Mit dieser Gruppe verbündet sie sich, und gründet Zirkel, die sich z.B. "wahre Frauen" nennen,
"Elite", "Realos" und "Female Society".
Eine weitere Gruppe die sie akzeptiert, die Frauen mit männlichem Genital, die zu ihr halten,
werden aber von Mary und ihren Anhängerinnen als Fetischmänner oder Perverse Spinner bezeichnet.
Somit verzichtet Mary und ihr Glaubensclan auf die größte Gruppe, die zu ihr halten würden,
diese tummeln sich in den Schubläden wie: DraqQueen, DWT, TV, CD, TI, TG, GQ usw,
und werden von dem "Realo-Clan", den Mary angehört, fremdbestimmt.
Es ist egal wie sie sich nennen, mit welchem Begriffskürzel: Hauptsache sie sind eines: Männer.

Auch wenn eine nichtoperierte Frau noch so fleht und bittet, akzeptiert zu werden.
Der Mary-Clan geht hier über Leichen, wenn eine nichtoperierte Frau verzweifelt von der Brücke springt sagt sie: "Selber Schuld."

Die Angst, selbst nicht als Frau anerkannt zu werden, drängt sie in diese Offensive.
Ihr Leben ist ein verzweifelter Kampf um Anerkennung, dazu gehört die ständige Abgrenzung
zu "Männern", die so "tun als ob sie TS" wären.



Mary`s Outfit

Mary legt wert auf ein unauffälliges Outfit.
Sie möchte nicht mit den "CSD-Transen" im Minirock verwechselt werden,
die Männer und keine Frauen sind. Verkleidete Männer.

Daher wählt sie Kleidung, einer Frau aus den 50igern, die sich völlig dem Patriarchat unterordnet,
um jeglichen Verdacht, dass sie aus sexueller Motivation gehandelt haben könnte, von ihr zu weisen.
Denn dann wäre sie ein Opfer ihres eigenen Abgrenzungsargumentes.

Selbst feministische Kleidung der Frauenbewegung, selbstbewusst, weiblich,
im Sinne der "Slut-Walk" Demos, sind bereits zu auffällig.

Sie muss die Frauenbewegung hier verraten und reaktionär handeln.

Sie wählt auch kein kariertes Holzfällerhemd und Latzhose mit hintergegeeltem Haar.

Die "wahre Frau" der Mary-Gruppe trägt "ordentliche" Damenblusen, artig-lange weite Röcke.
Weibliche Frisuren, die den Macho-Männern gefallen, also keine androgynen Kurzhaarfrisuren.
Auch die Kleiderordnung der Wilhelminischen Zeit wird gerne kopiert:
Lange Kleider bis zum Boden. Sie will auf keinen Fall ein Sexobjekt sein,
dafür opfert sie auch hundert Jahre Frauenbewegung, das ist kein Problem für Sie.

Prostitution wird aufs schärfste verurteilt, desshalb lehnt sie auch stark geschminkte Lippen ab.
Ihr Make Up ist dezent, unauffällig und unterwürfig.

Sie ist pflichtbewusst und sittsam gekleidet und dient dem Manne.

Dem Patriarchismus zu huldigen schützt sie davor, selbst wählen zu können,
dass sie wünschen könnte, ein Sexobjekt zu sein.

Wenn Sie ein Objekt ist, dann ohne eigene Schuld, weil es der Mann so sieht.

Keine Heels, kein Minirock, sie ist die biedere Sekretärin, die aber keine Emma liest,
und dem Mann das Jacket bürstet.

Mary möchte ganz Frau sein, aber keine Femme fatale, Diva oder in irgendeiner Form ein Sex-Symbol.
Zuletzt geändert von JasminRheinhessen am 31 Jan 2015, 13:38, insgesamt 5-mal geändert.

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Protagonistin: Vivienne - Charakterbeschreibung

Beitrag von JasminRheinhessen » 31 Jan 2015, 13:08

.
Vivienne, Verkäuferin, die unsichtbare Frau

Charakterbeschreibung

Die tragische Figur der Verkäuferin Vivienne steht durch
ihrer Rolle im Stück für 2 Metaphern:

1.
Sie hat die Aufgabe im Stück die Botschaft zu "verkaufen",
dass es Frauen mit Schwänzen gibt,
und aus dem anfänglich "Unwissenden" einen "Wissenden" (Zuschauer) zu machen

2.
Sie wird von der unwissenden Gesellschaft, wie auch von der Hauptdarstellerin des Stückes,
Mary, die Frau mit TS-Vergangenheit, lapidar als "Mann verkauft".
Wehrt sie sich nun nicht gegen diese Fremdbestimmung, tritt sie automatisch als Verkäuferin
dieser Fremdbestimmung für andere gleichgesinnte Frauen mit Schwanz auf, indem diese dann sagen,
ja ich bin so wie sie (die Verkäuferin), sie ist ein TV, CD, TG usw., das bin ich auch.
Im Stück spielt sie eine Verkäuferin von Damenwäsche in einem biederen Kaufhaus.


Die Lebensfreude, wie auch die Lust, die Frau die sie trotz ihres männlichen Genitals ist, in vollen Zügen zu geniessen,
indem sie körperbetonte, erotische Kleidung trägt, lasziv ist, sehr gerne Stereotype eines Sex-Symbols verkörpert,
um ihre weibliche Identität zu betonen, wird ihr zum Verhängnis:

Die Gesellschaft stempelt sie zu einem "perversen Spinner" ab,
der meint, seine Travestie anderen aufdrängen zu müssen.
Die sich gestört fühlen, weil sie meinen dass "er" eher zu Karneval passen würde,
oder eben "er solle das zuHause machen", aber sie (die "Normalen") damit nicht behelligen.

Und im Wort - Spinner sind hier nicht die Frauen mitgemeint.
Das Wort "Spinner" ist schon "gegendered" geschrieben, es bedeutet ausnahmslos "männlicher Spinner".
Spinner_in zu schreiben erübrigt sich hier daher.

Vivienne, die die Lebensfreude nur so ausstrahlt, ist in ihrer Seele zutiefst zerrissen,
befindet Sie sich doch in einer kafkaesken Situation, denn dass, was sie nach außen zeigt,
ist ihre Weiblichkeit, und gerade diese soll nichts zählen, kein Beweis sein, dass sie eine Frau ist,
sonder nur ihr Genital soll bestimmen, was sie ist.

Für sie ist es selbstverständlich, dass Geschlechter nicht nur über das Genital einzuteilen sind,
desshalb akzeptiert Vivienne auch Mary als Frau, voll und ganz, auch im Hinblick auf Mary`s Vergangenheit.

Dass aber gerade von Mary für sie Nichtakzeptanz ins Gesicht schlägt, macht Vivienne zutiefst traurig.

Vivienne hat aber einen Vorteil, sie akzeptiert sich selbst als Frau und ist,
was ihre Eigenwahrnehmung betrifft, in Harmonie.
Das gibt ihr Kraft, die Fremdbestimmung von Mary,
der Gruppe um Mary, wie auch der Gesellschaft zu bewältigen.

Im Gegensatz zu Vivienne braucht Mary hingegen immer jeden Tag aufs neue die Bestätigung von außen,
dass sie eine Frau ist, und ihr hilft es, wenn sie Frauen wie Vivienne, als Mann betitelt.

Einige Zuhörer_innen glauben Mary, und dass hält Mary wieder eine Weile am Leben,
bis zur nächsten Bestätigung - immer wieder.
Sie ist wie eine Drogensüchtige, Sie braucht ihre Droge jeden Tag:
Die Anerkennung, dass sie eine Frau ist, und wenn sie diese Anerkennung nicht automatisch bekommt,
hilft sie selbst nach, indem sie sagt und festlegt, wer alles keine Frau ist, und daraus folgt dann,
dass sie eine Frau ist, da sie ja nicht Teil dieser, ihrer, (Fremd)Bestimmung ist.


Mary sagt, dass sie diesen Menschen nur helfen möchte,
sie (die perversen Spinner) könnten sich ja irren, sie schützt diese Menschen vor sich selbst, eine Tat meint sie,
die nur lobenswert sein kann.


Frauen wie Vivienne werden von Frauen wie Mary geradezu gesucht,
um ständig ihre Anerkennungsdroge durch Fremdbestimmung, wie mit einem Strohhalm einzusaugen,
desshalb halten sich Frauen aus der Mary-Gruppe gerne in Communities auf, die von Frauen wie Vivienne
stark frequentiert werden.
Denn dort können sie jeden Tag fremdbestimmen, und sich jeden Tag die nötige Dosis ihrer Droge holen,
die sie zum Ãœberleben brauchen.

Paradoxerweise, und das halten sie desshalb geheim,
akzeptieren sie sich selbst nur wenig, und brauchen dann zusätzlich diese Bestätigung von außen,
um diese fehlende Selbstakzeptanz zu kompensieren.

Die Nichtakzeptanz gegenüber Frauen wie Vivienne ist für sie ein Teil ihrer Bewältigungsstrategie,
ein Teil ihrer Harmonisierung,
sie fühlen dann ihren Körper nicht mehr so sehr als unpassend.


Vivienne weiß dies alles und hat sich damit abgefunden, kämpft ihren Kampf für ihre Akzeptanz und gibt nicht auf,
auch um damit schwächeren Frauen wie Vivienne Mut zu machen.

Die Protagonistin Vivienne in diesem Stück hat den Charakter einer Frau die den Diskurs sucht,
und auch gerne der Mary-Gruppe den Spiegel vorhält, um ihnen unvermittelt immer zu sagen,
dass ihre Fremdbestimmung nur eine Meinung ist, ohne jegliche Argumentationsbasis.



Der tiefe Charakter der Rolle Vivienne`s ist also energisch und liebevoll zugleich.


Für nichtwissende Außenstehende fällt ihre laszive Art auf, die durch die Kleidung betont wird:
Minirock wird zur Pflicht, um damit auszudrücken, was sie liebt:

Eine anziehende Frau zu sein. Für alle Menschen.
Für Männer wie für Lesben, für Bisexuelle wie für alle,
die sich noch nicht sicher sind, zu dem stehen zu wollen und zu können, was sie verdrängen.

Mit dem ausgebeulten Minirock lässt sie hier keine Zweifel für den Diskurs offen, wo sie steht.
Ihren Schwanz als 18cm-Kitzler zu bezeichnen irritiert.
Viele aber sind eher irritiert, weil sie das unglaublich reizvoll finden, ohne zu wissen, wesshalb.


Da sich die Mary-Gruppe sexuell mit ihren Anziehungskräften in der Heterowelt bewegt,
hat sie diese starke Polarisation nicht, die Vivienne erzeugt, überall wo sie auftritt,
immer im Rampenlicht, worauf die Mary-Gruppe oft neidisch reagiert.


Jede Frau mag es, begehrt zu werden, wo die Mary-Gruppe sich dieses Begehren abholt,
fragt sich Vivienne jeden Tag.


Ja - Vivienne liebt alle Menschen, auch Mary und die Frauen aus der Mary-Gruppe,
dass geht oft im Streit der Fremdbestimmung unter.


Sie ist sogar besorgt um diese Frauen, denn sie sind schwach und brauchen ständig Hilfe.
Hilfe der Anerkennung - auch durch die Vivienne - natürlich, von überall.


Aber Vivienne darf ihre Schwestern nicht verraten, sie muss für sie auch kämpfen.

Wahrlich kein einfaches Unterfangen.


Obwohl Mary im Mittelpunkt des Stückes, die Hauptrolle der beiden Protagonistinnnen innehat,
wird die selbstbewusste, freche und liebevolle Art Vivienne`s für die Zuschauer zur Heldenfigur.

Sie wird zum weiblichen Robin Hood aller die sich mit ihr identifizieren, alle Zuschauer werden zur Vivienne,
zur Pippi Langstrumpf, die nicht nur das Pferd in den Himmel hebt, sondern einfach den Schwanz
zu einem Lang-Kitzler erklärt.

Vielen (vermeintlich?) männlichen Zuschauern wird die Last des Patriarchat von den Schultern genommen,
und Feminist_innen-Verbände bekommen aus dieser Gruppe an Männern neue Mitglieder,
denn ein Mann der seine Weiblichkeit bisher verdrängt hat, wird nachdem er sich mit Vivienne
identifiziert hat, nicht mehr der gleiche Mann sein, nachdem er dieses Stück gesehen hat.


Vivienne wird zum Symbol der Auflösung aller Rollenzwänge.
Sie atomisiert alle Gender-Schubläden und erhebt das Geschlecht zur Sache der
Selbstbestimmung.
Eine Selbstverständlichkeit, daran haben die Zuschauer nach dem Stück keinen Zweifel mehr.

Darauf haben alle gewartet, Vivienne ist die Adaption von Conchita Wurst für den "TS"-Diskurs.

Und nein - Vivienne ist nicht "gender-incongruent" (ICD 11), dieser weibliche Robin Hood,
schießt ihren Pfeil aus dem Köcher der Hirnforschung, und fundamentiert damit:
Wir sind Frauen, aufgrund unseres bereits wissenschaftlich erwiesenen Gehirngeschlechts.

Vivienne erklärt somit das, was die Menschen 2014 beim ESC nicht glauben konnten:
Dass es Geschlechter unabhängig des Aussehens gibt.

Conchita produziert sich nicht in diesem Diskurs, dass würde zuviel Erklärung bedürfen,
das wäre zu anstrengend, das ist es jetzt schon, schon allein durch den Bart.

Vivienne wirkt direkt und erklärt unvermittelt, der Zuschauer kann sich nicht mehr
gegen die Erkenntnis wehren, die er selbst machen muss:

Wenn Sie Sätze sagt wie:
Ein Wesen mit Schwanz und Pussy gleichzeitig, eine Herma,
was ist das für ein Geschlecht bitte ?

Auf diese Fragen hat die Welt gewartet - und desshalb muss die Hauptfigur,
die um Anerkennung bettelt, Mary, am Ende des Stückes ohne den Vorteil der Nichtakzeptanz auskommen,
mit der sie Vivienne zum Mann erklärt, und damit sich zur Frau.

Kein Zuschauer ist auf ihrer Seite, sie steht allein.

Es muss ihr nun genügen, dass die Verkäuferin Vivienne allen Zuschauern erklärt hat,
dass Mary auch ohne ihre Nichtakzeptanz gegenüber Vivienne,
die Mary über die Schwanz=Mann Formel legitimiert,
für die Zuschauer bereits zur Frau geworden ist.

Nun steht sie mit der Akzeptanz der Zuschauer und von Vivienne da,
und stellt fest, dass diese ihr gar nicht so sehr weiterhilft,
denn sie muss nun lernen, sich auch noch vollends selbst zu akzeptieren.



Vivienne`s Outfit

Die Kleidung Vivienne`s ist immer viel zu sexy,
sie ist erst dann richtig, wenn sie zu sexy ist, ganz einfach.

Kleidung darf nicht kontextsensitiv sein, sie muss die Erwartung sprengen.

Eher nicht auffallen würde sie daher in einem Nachtclub, in einer Hotelbar, oder auf einer CSD-Parade.

Aber nicht auffallen möchte sie nicht, desshalb konfrontiert sie ihre Umwelt liebend gerne dort,
wo keiner mit ihr rechnet: z.B wie im Stück als Verkäuferin von Damenwäsche in einem
eher biederen Kaufhaus.


Du kannst sie überall treffen, überall, und ja - sie genießt es zu provozieren,
dann sieht sie, dass ihr Outfit Wirkung zeigt.

Knalliger, greller Lidschatten, tiefschwarzer Lidstrich, kräftiges Rouge, Eyeliner, schwarze Schönheitsflecken,
knallroter voller Kussmund, Lippenstif mit Perlglanz, alles ist erlaubt und nicht zu knapp.
Smokey-Eyes, farbiger Lidschatten in Grün, Violett oder Silber tragen Frauen wie Vivienne auch am Vormittag,
wenn sie zum Bäcker gehen !
Kajal in Schwarz, Blau, und Türkis , falsche Wimpern,
schwarz und dick getuscht und künstliche dunkelrote Fingernägel ? Ja !

Ein Petticoat wäre schon wieder zu bieder, wenn, dann schon eine transparente Bluse ohne BH.

Hüte mag sie, aber immer in Verbindung mit extra sexy Outfits,
damit die normiert-weibliche Attitüte des Hutes nicht zu sehr dominiert.

Hosen sind ein Nogo, nur als Hot Pants - nicht einmal enganliegende Kostüme, diese sind viel zu seriös,
zwar extravagant, aber unausreichend für die Anziehung und Blicke die sie braucht.

Bullet-Bra`s hingegen werden zum Fetisch erhoben und gerne von Frauen wie Vivienne verwendet,
diese spitz zulaufenden BH`s sind einfach göttlich obszön.
Ein Must-Have, wenn auf transparente Bluse aus taktischen Gründen verzichtet werden soll.

Kleider ja - aber keine schweren Ballkleider, wenn, dann frech, kurz, schulterfrei und mit tiefem Ausschnitt.

Mieder sind klassische Elemente ihrer Kleidung und pushen das, was gepushed werden muss,
um die maximale Aufmerksamkeit zu erregen.

Pumps oder Stöckelschuhe mit Pfennigabsätzen ?: Ja !
Peeptoes ? Ja ! Aber mit farbigen Nägeln !

Glitzernde Stirnbänder wirken im Jahr 2015 schon girly-like - aber nichts ist illegitim,
was Aufsehen erregt und mit der Assoziation "Achtung ! Sexy !" verbunden wird.
Deshalb gerne auch girly-Accessoires wie Plastik-Armbänder und übergrosse Ohrringe,
übergrosse Brillen.

Handtäschchen, nuttig, vermischt mit adelimitierenden Perlenketten des Bürgertums ? Ja !

Gezupfte Augenbrauen und auch die Haare dürfen kurz und androgyn sein,
aber auch lang und patriarchisch-devot weiblich.
Hier hat Vivienne alle Optionen offen, wie sie, egal wen, schwach machen möchte.

Natürlich raucht sie gerne und viel - aber mit Stil versteht sich.
Zigarettenspitze aus Silber oder Perlmutt, mit Mundstück aus feinem Holz ist hier Pflicht.
Wenn Kate Winslet auf der Titanic im Ess-Salon der Reichen so raucht,
ist das für Vivienne gerade gut genug.
Nicht um einem Status zu frönen, sondern andere verrückt zu machen.
Ihr Minirock lässt z.B. Männer keine Zweifel aufkommen, dass sie trotz allem leicht zu bekommen ist.
Bei entsprechender Gegenleistung versteht sich.

Topmodische Bicolorfrisuren oder Haare in Pink und in Türkis sind einfacher mit Perücken zu realisieren,
schneller zu wechseln und auch billiger als jede Woche den Friseur zu bereichern.
Courtney Act und Lady Gaga sind Ikonen für Frauen wie Vivienne, die es verstehen,
gleichermassen die bisexuelle, wie die heterosexuelle
Männer- und Frauenwelt zu bezaubern.



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