Landesschau Rheinland Pfalz - Julia Monro

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Carol Rose
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Landesschau Rheinland Pfalz - Julia Monro

Beitrag von Carol Rose » 08 Dez 2019, 08:38

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Das Besondere an der Reportage: Es werden keine Trans-Begriffe verwendet, was ich begrüße, da diese Begriffe das falsche Narrativ kolportieren, dass es ein anderes Geschlecht gäbe, was das "eigentliche" wäre. Trotzdem habe ich meine Probleme mit der Reportage. Das Julia weiblich geboren wurde, dringt nicht durch. Hier mein Bericht dazu.


Zum Inhalt der Reportage:
Julia Monro skizziert hier die wichtigsten Eckpfeiler des Outing, im Fall von Julia war es ein Zwangsouting, wenn Dein soziales Umfeld kippt, rebelliert und nicht versteht.
Wie immer ist ein patriarchal geprägtes Umfeld der größte Gegenspieler der Auflösung der Formel Genital=Geschlecht,
da das Patriarchat diese Formel als Definition benötigt. Patriarchale Definition von Geschlecht taucht im Film in Form der Kirche
und in Form einer konservativ-russischen Kultur auf.
Was aber jetzt nicht heißt, dass das russische Volk per se konservativ ist. Wir sehen aber in der Gegenwart große Probleme in Russland innerhalb der Gesetzgebung mit LGBT. Wann sich Russland dieser Moderne öffnet, ist nicht abzuschätzen. Das Männerbild in Russland ist aber unbestritten ein sehr mit männlichen Stereotypen besetztes, was es schwer macht, ein Platz für die natürlichen Geschlechtervariationen zu schaffen.


1. Vorwort zur Geschlechtersprache
Wenn wir heute bereits durch Hirnforschungsstudien viele Indizien dafür haben, dass das Gehirn ein Geschlechtsorgan ist, das pränatal unabhängig des Genitals geprägt wird, müssen wir das auch in unserer Sprache abbilden, damit das Thema verstanden werden kann.
Und für unsere Selbstaussage und dafür, dass wir von anderen Menschen verstanden werden, muss dieses Gehirngeschlecht das wichtigste Merkmal sein, denn wir benötigen zwar Genitalien, für unsere Reproduktion, aber ein Genital kann weder denken noch sprechen. Nur wir selbst wissen, welches Geschlecht wir haben, deshalb muss es eine selbstbestimmte juristische Möglichkeit geben, das anfangs zugewiesene soziale Geschlecht, das sich auf unser Genitalgeschlecht bezogen hat, später selbstbestimmt korrigieren zu können. Das immer noch gültige Transsexuellengesetz verhindert diese Selbstbestimmung.
Aktuell (12/2019) könnte dieses Transsexuellengesetz mit Argumenten angegriffen werden, die sich aus dem neuen Gesetz für ein Konversionstherapieverbot ergeben. Infos im Detail in diesem Video:
https://www.youtube.com/watch?v=xwsU98DxrEc


2. Vorwort zur Sprache des SWR in der Reportage:
Die Sprache der Reportage gibt den Zuschauern nicht die Antwort auf die Frage, wie Julia denn geboren wurde, bzw. noch schlimmer, die Zuschauer geben sich diese Antwort selbst.

Julia ist aber bereits als Frau geboren (mit männlichem Genital)

Genital ist nicht gleich Geschlecht. Das Paradigma, dass das, bei der Geburt zugewiesene Geschlecht, in Juilas Fall das männliche,
das eigentliche, richtige Geschlecht wäre, ist falsch. Deshalb, weil der Begriff Geschlecht sich in biologischer Hinsicht in unserem aktuellen Sprachgebrauch auf die Reproduktionsmöglicheit zeugen und empfangen bezieht. Deshalb kommen viele zu dem Schluss, dass das Genital eine eindeutige Aussage über ein Geschlecht liefern könnte. Diese Genitalbezogenheit in Bezug auf Geschlecht ist aber ein Trugschluss, da Frauen mit nur einem X-Chromosom zwar ein weibliches Genital haben, aber keine Kinder bekommen können. Das genannte Beispiel ist nur eines von vielen. Wir müssen wissen, dass ein Gehirn vor der Geburt eine Prägung und ein Wissen über sein Geschlecht erhält, auf der physischen Ebene über die neuronale Vernetzung. Das Gehirn als weiteres Geschlechtsorgan zu betrachten ist notwendig, um zu verstehen, wie Menschen zu ihrer Selbstaussage über ihr Geschlecht kommen, die von der Reproduktionsfähigkeit abweicht. Auch sogenannte CIS haben diese Selbstaussage, sie schauen nicht erst zwischen ihre Beine, um zu wissen was sie sind. Nur wird ihre Aussage nicht Gegenstand von Diskussionen, da ihre Aussage zufällig mit ihrem Genital übereinstimmt. Oft führt aber auch die Ablehnung "anders"(SIC) zu sein, zu einer Selbstaussage, die mit einer starken Verdrängung einhergeht, die bis zu Transphobie reicht. Die spätere kognitive Prägung hat für die Selbstaussage eine entscheidende Bedeutung, also das Umfeld, in dem ich lebe. Es ist ein Unterschied, ob ich zulassen kann, was ich fühle, oder starke soziale Repression zu erwarten habe. Dein pränatal geprägtes Gehirn triggert Deine Selbstaussage, die dann in Abhängigkeit zu Deiner kognitiven Prägung gebracht wird.

Das falsche Narrativ von Genital = Geschlecht hält sich deshalb hartnäckig in den Medien, wie auch in dieser Reportage des SWR, da auch unterstellt werden könnte, es wäre nur die soziale Rolle sprachlich gemeint, die gewechselt wird.

Hier muss aber trotzdem falsches Denken ausgeschlossen werden, damit Menschen, vor allem der politische Gegner, verstehen,
das Geschlecht keine Beliebigkeit ist. Daher bleibt nur die richtige Formulierung:

"Julia wurde als biologische Frau mit männlichem Genital geboren, das ihr aufgrund ihres Genitals männliche zugewiesene juristisch-soziale Geschlecht hat sie nach ihrer Selbstfindung auf weiblich korrigiert."

Der obige Satz ist allgemeingültig. Welche Konsequenzen ein Mensch nach seiner Selbstfindung für seine körperliche Angleichung zieht, ist grundverschieden und völlig individuell. Deshalb kann eine Personenstandsänderung niemals davon abhängig gemacht werden, ob ein Mensch sich in die Obhut einer Behandlung, welcher Form auch immer, begibt. Leider ist das in Deutschland (Stand 12/2019) immer noch nicht der Fall. Das Transsexuellengesetz verhindert eine formale selbstbestimmte Personenstandsänderung beim Standesamt. Das Transsexuellengesetz verhindert Selbstbestimmung über Deinen Körper und Dein Geschlecht, da von außen Meinungen eingeholt werden sollen, ob Du wirklich bist, was Du aussagst. Dies ist nicht hinnehmbar und muss dringend geändert werden.

Ein biologisches Geschlecht kann nach verschiedenen Kriterien eingestuft werden.

Wenn ich nach der Reproduktionsfähigkeit urteile, ist es ein anderes, als wenn ich mich nach meiner Selbstaussage richte. Die Selbstaussage wird durch unsere Prägung vor der Geburt festgelegt. Das Gehirn ist ein Parameter, der zum biologischen Geschlecht gehört, wie primäre und sekundäre geschlechtliche Körpermerkmale, Chromosome, Hormonlevel.
Der Diskurs wird dadurch verkompliziert, da wir die Begriffe Frau und Mann, sowie Geschlecht gleichzeitig für biologische Bezüge denken, wenn wir das soziale oder juristische Geschlecht meinen. (homonyme Begriffe)


3. Vorwort zur Sprache des SWR in der Reportage über Julia Monro
Das falsche Narrativ (das Genital würde das eigentliche Geschlecht sein) spiegelt sich dann auch in der Sprache:

"Julia kann endlich Frau sein"
Min 0:46 Link zur Youtube-Reportage mit Sprungmarke auf diese Stelle:
https://www.youtube.com/watch?v=X47SGGh1k34#t=0m46s

Würde ich nicht sagen, Verwechslung soziales und biologisches Geschlecht möglich = Unverständnis.
Führt zum Gedanken an Frau spielen, an Travestie.

Besser:
"Julia kann endlich auch für ihre richtige Fremdwahrnehmung sorgen, dass sie auch als Frau gelesen wird,
als die Frau, die sie schon immer seit ihrer Geburt ist."

"Inzwischen lebt Julia öffentlich ALS Frau"
Min 3:30 Link zur Youtube-Reportage mit Sprungmarke auf diese Stelle:
https://www.youtube.com/watch?v=X47SGGh1k34#t=3m30s

Das Wort "ALS" ist in jeder Hinsicht in diesem Kontext zu vermeiden, da es wieder nur lediglich auf die soziale Rolle verweist. Sicher spielt der soziale Rollenwechsel eine Rolle. Nur wenn der Bericht lediglich auf die soziale Rolle rekurriert, bleibt der Zuschauer im alten Narrativ, dass Julia eigentlich ein Mann wäre qua Geburt. Die Sprache darf nur dann auf die soziale Rolle verweisen, wenn geklärt ist, dass Julia als Frau geboren wurde. Deshalb besser hier folgendes sagen:

"Julia ist weiblich geboren und musste sehr lange in der falschen männlichen Rolle leben, heute hat sie auch ihre soziale Rolle berichtigt."


"Kann ich nur Mensch sein, wenn ich Frau oder Mann bin?"
Min 3:38 Link zur Youtube-Reportage mit Sprungmarke auf diese Stelle:
https://www.youtube.com/watch?v=X47SGGh1k34#t=3m38s

Diese Frage ist für unsere Gegenwart mit einem "JA" zu beantworten.
Wir leben in einer völlig dualgeschlechtlich ausgerichteten Gesellschaft,
die bedeutet, wenn Du in der falschen sozialen Rolle verharrst, unsichtbar bleibst.
Die Folge der Unsichtbarkeit ist seelischer Schmerz und das Fühlen der Gefangenschaft.


"geboren im falschen Körper"
Im Youtube-Titel

Julia hat ihren richtigen Körper, das Genital ist nur ein Teil des Körpers. Die Attribute "richtig" und "falsch" sind brandgefährlich und zu vermeiden. Sie bewässern auch Transphobie. "Du bist falsch" ist das, was aus diesem Narrativ als Essenz zurückbleibt. Besser ist:

"Julia wird aufgrund ihres Körpers durch das noch immer nicht vorhandene Wissen, dass ein Genital nicht allein ein Geschlecht beschreibt, von vielen als männlich gelesen, nur aufgrund ihres Genitals. Es muss verstanden werden, das zum Körper und ihrem Geschlecht aber auch das Gehirn gehört"


Sprache von Julia selbst:
"Andersartigkeit"
Zeitsprungmarke zur Stelle im Video:
https://www.youtube.com/watch?v=X47SGGh1k34#t=0m34s

Andersartig wurde/wird in der LGBTTIQ-Community von manchen verwendet, wie dieser Begriff in der Community selbst Fuß fassen konnte, bleibt mir verborgen. Er hat eine sehr negative und separierende Aura. Außergewöhnlich würde es treffen.

Ausführliche Stellungnahme von FYG zu der Formulierung "andersartig"
http://freeyourgender.de/forum/viewtopic.php?f=62&t=102


“Die Grenzen unserer Sprache, sind die Grenzen unserer Welt”
(Wittgenstein)



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