1.2.58 Kekse, Ingwer-Zitrone und Waldmeistergummibärchen

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JasminRheinhessen
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1.2.58 Kekse, Ingwer-Zitrone und Waldmeistergummibärchen

Beitrag von JasminRheinhessen » 04 Mär 2017, 20:26

Zimmer 22, 22:22 Uhr

Vier Aufsätze. Vier Aufsätze direkt aus dem Klinikum an die Patienten. In schönster Prosa geschrieben.
In Prosa der Pro-Geschlechter-Selbstbestimmungskampagne.
"Das ist ein Trick, sie versuchen uns in einem ruhigen Modus zu halten. Einschläfern! Ihr seht doch was heute wieder passiert ist!
Wie sie mich mit Mr. Stardust angesprochen haben, und jetzt auch wieder hier im Gutachten...!
Mr. Barton wird mich kennenlernen. Morgen gehe ich hoch. Er hat mir nicht einmal in die Augen gesehen. Der Feigling!
Nein, es ist egal was er ist, es geht darum, welche Konsequenzen dieses Verhalten für uns alle hat!"
Yvonne wurde immer lauter.

"Pssst....Yvonne... es ist schon Nachtruhe...Pssst". Versuchte Anne zu beruhigen.

"Irgendwas stimmt nicht", steuerte Mirabell bei. Irgendetwas passiert gerade, was wir nicht wissen.

Schau mal, Anne, hast Du Deinen Empfänger bei Dir? Da wird gerade eine Liveübertragung des Klinikzentrum-Kanals gesendet.
Es ist wieder eine Pro-Kampagnen Stellungnahme. Unglaublich.

Sie wünschen sich eine Frau zu sein. Sie sind ein Mann, sie haben ein männliches Genital und XY-Chromosomensatz.
Damit ist jetzt Schluß! Und dann immer die Verquickung mit der sexuellen Präferenz!

"Ja ich habs hier jetzt auch, unglaublich, vielleicht wurden die Ärzte, die da im Studio sitzen, unter Drogen gesetzt?
Oder hoch bezahlt..., das ist... wie ein Putsch. Unglaublich.", kommentierte Anne die ungewöhnliche Übertragung.

Dass Transsexualität...
Streichen Sie diesen Begriff aus dem Protokoll!
...immer wieder mit "sexuellen Präferenzen" gleichgestellt wird, ist die Stilblüte, die sich aus der genitalistischen Verständniswelt ergibt:
Frauen, die mit Penis geboren werden, werden als Männer klassifiziert, aufgrund ihres Genitals, dann, wenn sie sich zu Männern hingezogen fühlen, zusätzlich als schwule Männer dargestellt, dazu wird unterstellt, sie hätten sich das ausgesucht, so zu sein:
ALS Frau zu leben, und im Prinzip ein schwuler Mann zu sein.
Und schon haben wir sie: Die Zuweisung und Beibehaltung des Hebammengeschlechts, legitimiert durch das Genital plus die Unterstellung,
es wäre ein Wunschkonzert, eine Option, z.B. schwul zu sein.

Gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Die Identität wird ignoriert, und eine sexuelle Präferenz wird skizziert,
die ich mir aussuchen könnte. Natürlich ist diese durch das Genital konstruierte sexuelle Präferenz ausserhalb einer "Norm",
die zu demjenigen Weltbild gehört, dass ohne negative Konnotation auskommen darf. Chapeau !

Hiermit wird die maximale Verzerrung des eigentlichen Sachverhaltes erreicht, ein Außenstehender kann hier nichts mehr verstehen,
soll er auch gar nicht.
Eventuell wird noch jovial geheuchelt, das "schwul" ja nichts "schlimmes" sei, und "in meinem Bekanntenkreis gibt es ja auch Schwule,
die sind alle sehr nett", ein zur Zeit sehr beliebtes Statement. Klingt wie ein Schild am Zaun eines Zoo: Streicheln erlaubt. Tier ist ganz lieb.
Oder wie: Ich kenne auch liebe Straftäter.

"Das ist so unglaublich, dass das nur ein falsches Spiel sein kann!" meldete sich Yvonne aus ihrem Bett herüber.

"Aber wozu? Wozu?" meinte Anne, während sie zu Mirabell rüberschaute, die ihren Blick nicht vom
Bildschirm ihres Empfangsgerätes, ein kleiner Minicomputer, nehmen konnte.

Natürlich handelt es sich bei Transsexualität... Streichen Sie diesen Begriff aus dem Protokoll! ...weder um ein Geschlecht,
noch um eine sexuelle Orientierung, sondern um eine Zustandsdefinition.
Wenn ich mit meinem Körper in Disharmonie bin, weil er mir nicht das zeigt, was ich geschlechtlich fühle, bin ich transsexuell.
Streichen Sie diesen Begriff aus dem Protokoll!
Ich habe dann den Wunsch, dieses Gefühl, was angeboren ist, bedingt durch eine pränatale Prägung des Gehirns, nachzugeben,
meinen Körper anzugleichen. Dieser Disharmonie-Zustand ist Transsexualität. Streichen Sie diesen Begriff aus dem Protokoll!
Mein Geschlecht ist für mich eindeutig, wie ich mich empfinde ist eindeutig, es unterscheidet sich nun aber von dem Genital-Geschlecht,
aufgrund dessen ich vom Betrachter falsch gelesen werde, dem Hebammengeschlecht.

"Klingt wie ein Artikel von JasminRheinhessen, als hätten die Ärzte in diesem Interview ihre Zeilen auswendig gelernt."
Anne kannte die Bücher von Jasmin sehr genau, ihr ist es als erstes aufgefallen.

"Ja, es sind Texte von Jasmin die hier wiedergegeben werden. Vielleicht wurde der Sender von der Kampagne gekapert?
Und die Ärzte sind Aktivisten?", versuchte Mirabell sich eine logische These aufzubauen.

Um zu realisieren, dass ich mental nicht das Geschlecht habe, dass mir aufgrund meines Genitals zugewiesen wurde,
brauchen transsexuelle... Streichen Sie diesen Begriff aus dem Protokoll! ...Menschen oft Jahrzehnte.
Ein typischer Punkt der Realisierung findet im Lebensalter mit Ende Zwanzig, Anfang Dreißig statt.

Die Erziehung in der falschen Geschlechterrolle, die kognitive Prägung, sowie auch die eigene Verdrängung nach dem Ersten Bewußtwerden durch Ängste, die aufgrund der transphoben Gesellschaft resultieren, in der wir leben, und dem Abwehren von möglichen Anerkennungsverlust bzw. Ablehnung, sind die Hauptursachen für dieses lange Prozedere der Selbstfindung.

Formulierungen wie Frau zu Mann und Mann zu Frau - Transsexuelle: Diese falsch, da sie suggerieren, man könnte sein Geschlecht ändern.
Sie stören die Selbstfindung nachhaltig, da das Hebammengeschlecht als ursprünglich richtig definiert wird.

Das Geschlecht ist aber immer das selbstbestimmte Geschlecht, es ist von Geburt an da und festgelegt,
kann sich aber vom Genitalgeschlecht unterscheiden - bei "Trans".... Streichen Sie diesen Begriff aus dem Protokoll!
...sind diese möglichen Differenzen unsichtbar, bei Intersexuellen sind diese Differenzen sichtbar.

Für die allgemeine Gesellschaft, die sich nicht sehr mit den Themen auseinandersetzt, gilt die Formel: Penis=Mann, Vagina=Frau.
Das ist aber falsch. Das Geschlecht setzt sich aus primären und sekundären Geschlechtsmerkmalen zusammen,
die bei Intersexuellen sichtbar durcheinandergewürfelt sein können, wie auch aus der Hormonlage (Testo-/Östrogenspiegel),
den Gonaden und dem chromosalen Geschlecht.

Nur noch ein Beispiel zum chromosalen Geschlecht, um diesen Artikel nicht zu sehr mit Details zu überfrachten:
Frauen haben in der Regel zwei X Chromosome - beim Turner-Syndrom werden diese Frauen mit nur einem X Chromosom geboren.
Diese Frauen sind nicht von anderen Frauen zu unterscheiden, sind aber unfruchtbar, ihre Ovarien sind nicht zum Eisprung fähig,
da sie keine Follikel haben.

Eine Frau mit Turner-Syndrom, wäre also laut Dudendefintion keine Frau, da sie keine Kinder gebären kann.

"Unglaublich, das Intersexuellen-Thema wird sogar angesprochen, das wird immer besonders gemieden!" rief Yvonne von ihrem Bett herüber.

Kurzer Schwenk zum Ehefueralle-Diskurs, der im Sommer 2015 nach der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare in Irland Ende Mai
und kurz danach durch die Öffnung der Ehe in den USA durch den Gerichtsbeschluss des Supreme Court,
von USA aus in Deutschland angeheizt wurde:
Die Ehe ist etwas zwischen Mann und Frau, so der Konsens der Gegner der Öffnung der Ehe.
Frauen mit Turner-Syndrom dürfen aber heiraten. Sind also Frauen vor dem Gesetz, obwohl sie die Funktion einer Frau nicht erfüllen.

Es ist daher unlogisch, dass Frauen mit Penis nicht heiraten dürfen.

Wer hier schmunzelt, beginnt das genitale Paradigma zu verlassen - er fängt an zu verstehen.

Je mehr jemand schmunzelt, wenn er "Frauen mit Penis" liest, je mehr wird das falsche genitale Geschlechterparadigma gespiegelt,
worunter vor allem Intersexuelle leiden.

Intersexuelle-Themen werden tabuisiert, vor allem desshalb, weil sie das genitale Paradigma Penis=Mann, Vagina=Frau, als falsch sichtbar entlarven.

"Und das hier im Klinikzentrum-Sender - es ist unfassbar, dass ich das noch erleben darf", stieß Mirabell hervor.

Zurück zur Phrase "Mann-zu-Frau-Transsexuelle":
Es gibt daher keine geschlechtliche Änderung von A nach B, früher noch "Geschlechtsumwandlung" genannt.
Eine Frau ist immer schon eine Frau, auch wenn sie mit Penis zur Welt kommt.

Dieses Verständnis und die Aufgabe des Genitalismus, von dem wir umgeben sind, das Verständnis,
dass eine Abkopplung vom genitalen Denken erfordert, ist eines der Hauptprobleme unseres aktuellen Trans-Diskurses.

Menschen ihr selbstbestimmtes Geschlecht bereits verbal durch unsere Sprache zu bestätigen,
ist die erste präventive Maßnahme gegen Suizide, denn der erste Schritt ist immer die verbale Sichtbarmachung.

"Mann-zu-Frau Transsexuelle" gehört zu den Phrasen, die das Hebammengeschlecht, in diesem Fall Mann, als richtig interpretiert bestätigen,
und an diese Menschen die Aufgabe stellen, nun soll der Mann zu einer Frau werden: Die Frau ist aber schon da.

"Ja - es ist, also ob im 8. Stock jemand anderes sitzt.", murmelte Anne, die nervös anfing Kekse zu knabbern,
obwohl sie erst gejammert hatte, dass sie zu dick wäre.

Diese "Aufgabenstellung", bzw. Bringschuld schlug sich im Operationszwang nieder, der bis zur Transsexuellen-Gesetz-Novelle 2011 noch galt.
Ohne Operation bekamen sogenannte Transsexuelle keine Personenstandsänderung. Dies verstieß gegen die Selbstbestimmung, die ausgeführt werden können muss, ohne den Körper zu verletzen.

Die Unversehrtheit des Körpers muss trotz Inanspruchnahme der Selbstbestimmung immer gewährleistet sein.
Die Ausübung meiner Rechte im Rahmen meiner Selbstbestimmung, darf keine körperlichen Verletzungen einfordern.
Wenn man sich dies vor Augen führt, ist das mehr als selbstverständlich, im Zeitalter des Humanismus.

Das Bundesverfassungsgericht hat hier also Menschenrechte eingefordert, vorher mussten sich sogenannte transsexuelle Menschen operieren lassen, obwohl viele gesundheitlich dazu nicht in der Lage waren und auch, obwohl eine Operation hohe Risiken und Spätfolgen in sich birgt.

Das Paradoxum war, dass Männer mit Vagina sich diesem Operationszwang nicht unterziehen mussten, da hier die Möglichkeiten sehr eingeschränkt sind.

"Vielleicht ist die Kampagne geglückt, und wir gehen besseren Zeiten entgegen. Werden endlich verstanden", Mirabell war anzusehen,
dass ihr die Worte fehlten, wo sie doch sonst so schwer aus der Fassung zu bringen war.

Wir sehen hier die Unterdrückung der Selbstbestimmung, die auch Schwule und Lesben seit Jahrzehnten erfahren, die Gegenkräfte sind die Gleichen. Wir haben alle die gleichen Gegenspieler: Den Konservativismus. Das Patriarchat. Den religiösen Fundamentalismus.
Alle drei sind ineinander verzahnt, partizipieren voneinander. Desshalb müssen LGBTTIQ zusammenhalten,
auch wenn das oft sehr schwer möglich ist.

"Sogar dieses politische Statement von Jasmin wurde herangezogen, das geht nur, wenn hier jemand agiert, der nicht regierungstreu ist.
Wir haben die Revolution. Wir haben Sie!", Mirabell fieberte mit, jedes Wort in sich aufsaugend. Worte, die sie noch nie in einem
öffentlichen Sender gehört hatte. In einem Sender, der von Steuergeldern bezahlt wird.

Die Autorin dieses Buches, versucht seit Anbeginn ihrer Arbeiten, nicht nur im Transbereich zu wirken, sondern auch im Lesben- und Schwulenbereich, genauso wie im Bereich der Menschen, die sich der Heteronormativität zuordnen,
wie auch im Bereich der Frauenrechte und der feministischen Bemühungen. Letzere haben ebenfalls die drei genannten gegnerischen
Faktoren zu überwinden.

"Chapeau! Hier sagen sie es, das ist ein Buch, dass sie hier meinen. Es kann nur das Buch "Das unsichtbare Geschlecht" von JasminRheinhessen sein. Ja, das ist die Revolution!", stimmte Anne mit ein.

Im Feminismus- und Frauenrechtediskurs, der zum Zeitpunkt der Bewegung der Suffragetten zum Ende des 19 Jhd. begann, wird sichtbar,
dass hier ein vierter Faktor dazukommt: Das Kapital.
Dies wird dadurch bedingt, als dass das Patriarchat, die Macht der Männer, das Kapital an sich gebunden hat.
Wir erinnern uns: Erbfolge durch den ersten Sohn, Beschneidung der Frauenrechte, Eingeschränkter Zugang zur Bildung für Frauen,
keine Geschäftsfähigkeit der Frauen usw. Daher waren die ersten Feministinnen immer auch gleichzeitig Sozialistinnen und mussten sich
gegen das Kapital stellen, um Frauenrechte zu erkämpfen, wie z.B. Clara Zetkin.

Sollten wir die unglückliche Formulierung "Beschneidung der Frauenrechte" ändern?
Nein, das ist gut. Es ist zweideutig. Mädchen und Frauen die Klitoris abzuschneiden, ist nichts anderes,
zusätzlich zur extrem schmerzhaften Verstümmelung mit körperlichen Folgen für ihr ganzes Leben. Das Recht auf ein glückliches Sexualleben wird ihr genommen, ein Sexualleben, zu dem auch ihre eigene Empfindung gehört. Dass diese Vestümmelung oft tödlich endet,
macht diese Menschen, die genitalverstümmeln zu Mördern. Wie nennt man Ideologien, die Mord legitimieren?

Zurück zur verbalen Sichtbarmachung: Es kann aber nur eine Gesellschaft entstehen, die LGBTTIQ versteht,
wenn ein Verstehen durch die Sprache möglich wird. Dazu ist die Sprache, die Sachverhalte so erklärt, wie sie sind, unerläßlich.
Sollten wir nicht lieber LSBTTIQ schreiben? In der deutschen Ausgabe, ja.
Noch anführen: Die Grenzen Deiner Sprache, sind die Grenzen Deiner Welt. Wittgenstein.

Yvonne wurde nun ruhiger, zog ihre Beine an und legte sich ihr Empfangsgerät so zurecht, dass sie bequem zuschauen konnte.
"Oder sie senden es nicht nach draußen, und es ist nur hier zu sehen, für uns hier?" mutmaßte sie, während sie das Gerät
etwas lauter stellte.

Die Autorin sieht auch in der Formulierung: "Sexuelle Orientierung", oder "sexuelle Präferenz" in Bezug auf Lesben, Schwule und Bisexuelle,
eine falsche Darstellung, da diese Menschen sich ihre Orientierung genausowenig aussuchen, wie Heterosexuelle.

Die Darstellung des "Ich wünsch mir das oder das", als ob sexuelle Anziehungen eine Option sind, muss aufhören.

Dadurch geraten diese Menschen immer in eine Erklärungsnot, warum sie das oder das tun.

Menschen "sind". Und dieses "sein" gilt es zu akzeptieren. Sexuelle Orientierungen sind angeboren.

Auch Geschlechter unabhängig des Genitals sind angeboren, in Bezug auf das Gehirngeschlecht.
Menschen "sind" Frauen oder Männer, oder sind Intersexuelle, ja es gibt auch Intersexuelle, die sich selbst mit dem "Zwischen" identifizieren.

Wiederum andere Menschen "sind" schwul oder lesbisch oder bi. Sie "sind" es nicht erst, weil sie es gut finden,
sondern sie finden es gut und passend, weil sie es "sind". Das ist ein großer Unterschied.

Transsexuelle...Streichen Sie diesen Begriff aus dem Protokoll!... wollen als Frau leben, weil sie Frauen "sind".
"Als Frau" leben ist die Konsequenz, weil sie Frauen sind. Nicht die Konsequenz, weil sie es sich "wünschen".

Sie wünschen sich das nicht, oder suchen sich das nicht aus. Der Wunsch ist die Folge des "Sein".
Der Wunsch steht nicht isoliert ohne Unterbau des Sein.

"Unglaublich", murmelte Mirabell auf den Bildschirm starrend, sie hatte sich jetzt auch Kekse aus ihrer Schublade gefischt,
Und knabberte mit Anne um die Wette. "Yvonne?" Mirabell schaute zu Yvonne rüber und hielt noch eine frische Keksschachtel in den Händen,
zeigte auf diese mit ihrem Zeigefinger, unmißverständlich. "Zu lange gezögert!", rief sie und schon flog die Schachtel zu ihr rüber ins Bett.

Im lesbisch-schwulen Diskurs ist das "Sein", der biologische Unterbau, Konsens. Es wird mittlerweile in der Gesellschaft kommuniziert,
dass lesbisch-schwul angeboren ist.

Im sogenannten Trans-Diskurs ist das leider noch nicht so, aber das Sein ist auch hier biologisch belegt.
Die Ursache wurde in der Hirnforschung schon durch mehrere Studien dargestellt.

Eine Frau, die mit Vagina geboren wird, sucht sich nicht aus, dass ihre Vagina ihr gefällt, oder dass sie lieber einen Penis hätte,
sie liebt ihre Vagina nur dann, und ist mit sich in Harmonie, wenn ihr Gehirn dementsprechend geprägt wurde.
Diese Ãœbereinstimmung von Genital und Gehirn ist nicht fix. Die Einstellung zu meinem Genital kann differieren.
Es ist nicht schwer, wenn man das im Kern verstanden hat. Das Gleiche gilt für die sexuelle Ausrichtung:
Schwul, lesbisch und Bi sind pränatale Prägungen.

"Das geht ja jetzt richtig gebetsmühlenartig, das muss doch nun jeder verstehen, oder?", murmelte Yvonne,
nun etwas unverständlicher, da sie sichtlich mit Keksfuttern beschäftigt war.

Diese Sachverhalte als Wunschkonzert darzustellen, wird von denjenigen Kräften bewässert,
die uns als "andersartig", als abweichend von der Norm, und damit bereits diskriminierend in einer negativen Konnotation darstellen,
und weiterhin dadurch, dass wir als Menschen dargestellt werden, die sich das "negativ dargestellte" auch noch aussuchen würden,
stehen wir als "Täter" da, die dadurch automatisch Schuld auf sich laden, und befinden uns daher automatisch in einer permanenten
Rechtfertigungsdauerschleife.

Man muß sich nur die meist verheirateten Männer ansehen, die am Feierabend oder am Wochenende auf den Autobahnparkplätzen herumschleichen.
Die Körpersprache dieser Männer, geduckt, ängstlich umschauend, ihr Gesicht möglichst versteckend hinter Büsche und Bäume,
als ob sie gerade in ein Gebäude einbrechen würden, um dort Wertsachen zu stehlen, spricht für sich.

Sie sind sich absolut sicher, dass sie etwas tun, was sie belasten könnte, wenn es herauskommt.
Wofür sie sich rechtfertigen müssten, und was ihren Status zerstört, ihren Ruf ruiniert.
Ihre Beziehung nicht nur belasten würde, wie ein Seitensprung mit einer Frau, sondern sie auch als Mann gegenüber ihrer Frau diskreditiert.

Sie fühlen sich schuldig, wissend, dass sie etwas tun, dass nicht sein darf.
Ihre Männerrolle, die Erziehung, das Patriarchat, ihre Prägung von Kind an, hat ihnen diese Angst eingehämmert,
sich davon zu befreien ist ungleich schwerer wie für Frauen.
Die meisten Männer schaffen es nie, sich völlig von ihrer Rolle zu lösen, die von ihnen erwartet wird,
je stärker die patriarchale Prägung, je schwieriger wird der Loslösungsprozess von diesem Heterodogma.

Vielleicht sollten wir beginnen, Heterosexuelle und sogenannte CIS-Frauen und CIS-Männer zu fragen und vorzuwerfen,
warum sie hetero und CIS sind.
Das könnte einige Aha-Effekte in der Erkenntnis für LSBTTIQ-Sachverhalte für die Vertreter von heteronormativen Paradigmen auslösen.

"Wow!", Mirabell war nicht mehr zu halten, "Das ist grandios!"

Oder zu einem Mann zu sagen: Bitte mach das doch zu Hause, mit Deiner Freundin hier öffentlich rumzuknutschen,
das stört die Leute, dass musst Du doch verstehen, dräng Deine Sexualität doch nicht allen Menschen auf,
wir wollen ganz normal schwul und lesbisch sein, wir tolerieren Dich ja, aber bitte respektiere,
dass "Andersartige" eben auch Rücksicht nehmen sollten, und nicht so schrill und aufdringlich sich in Szene setzen...
...das irritiert vor allem ältere Lesben und Schwule, dafür können die doch nichts, dann musst Du Dich nicht wundern,
wenn Du heterophobe Ãœbergriffe provozierst...

"Phänomenal! Ich bin sprachlos", das war jetzt besser als Kinderkarussel fahren und dazu Popcorn. Und zig Menschen um einen herum,
die fröhlich sind, lachen und Spaß haben!", versuchte Anne ihre Gefühle irgendwie zu beschreiben.

"Ich bin gespannt, was Barton morgen sagt. Noch ein Grund mehr in zu besuchen...", steuerte Yvonne bei, diesmal deutlicher,
weil gerade ihr Mund frei war.

"Lasst uns jetzt schlafen", war Mirabell die Vernünftigste, sonst sind wir morgen nicht fit.

"Ja, Du hast recht, Mira, schlaf schön", gab Anne zurück. Schaltete ihr Gerät auf Standby und legte es auf ihr Nachttischchen.

"Ich bin so aufgeregt, aber ich versuch trotzdem zu schlafen.", meldete sich Yvonne, die heute die erste Nacht mit den beiden verbrachte.

"Gute Nacht, Mirabell, Gute Nacht Anne."

"Gute Nacht Yvonne, Gute Nacht Mirabell."

"Gute Nacht ihr Beiden. Schlaft schön.
Träumt von Ingwer-Zitrone Drops und einem großen Waldmeistergummibärchen."


Bild

"La Liberté guidant le peuple"
1830
Eugène Delacroix
Bildlizenz: Public Domain


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