1.2.41 Liebste oder Weib

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JasminRheinhessen
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1.2.41 Liebste oder Weib

Beitrag von JasminRheinhessen » 17 Feb 2017, 23:24

Isabell schloß die Tür leise hinter sich, als ob sie etwas zu verheimlichen hätte.

Eine schwere Tür, die sie nun wieder mit ihrem Türrahmen zusammenführte,
schwer und massiv, passend zum edlen, kostbaren Herrenzimmer,
dass in seiner Holzvertäfelung ein Abgeschlossensein ausdrückte,
und dass nun, während sie den Flur zur Treppe entlangschritt,
seine Künstlichkeit zur restlichen Welt voll entfaltete.

Wieviel Bedienstete Fräulein wird der Professor schon in diesen Gemächern empfangen haben?

Um dort ungestört seine Abmachungen mit Ihnen zu treffen?

Natürlich waren diese jung, und von besonderer Frische und Reiz.

Ein Zimmer der Macht, lag hinten am Ende des Flures, nun in ihrem Rücken.

Vor ihr ging es bergab, gleichwohl die Stiege die abwärts führte mit Teppich ausgelegt zwar,
aber nur eine Stiege, etwas breiter als in einem Bauernhaus üblich, ja, es sollte ja erstrangig wirken.
Der Abstieg schmackhaft gemacht werden?

Aber unten, was da unten auf sie wartete, war nicht mehr erstrangig, das war "sein Weib".

Wie er es nannte.

Ihre Reize waren ihm nicht mehr genug.

Warum nannte er sie nicht wenigstens bei ihrem Vornamen?

Hermine klingt so schön!

Sicher war sie einst eine auserlesene Seele, von Intelligenz und schönem Körper.

Was ist sie heute?

Gibt es diese Hermine noch, nachdem sie seit Jahren nur noch Weib genannt wird?

Zusehen muss, wie ihr Gatte Bedienstete empfängt, viel länger, als für eine Unterredung notwendig ist?

Auf seinem breiten Chaiselounge, Stunden, die mit Kaffee und Gebäck,
von seiner Gattin selbst herbeigebracht, verlängert wurden?

Was ist der Unterschied, zu einem Pascha?

Zu einem Fürsten, Herzog, König, dessen Reiter durchs Dorf eilen,
um sich die schönsten Töchter für seine Feste zu holen?

Nach dieser Tür, beginnt eine andere Welt. Außerhalb dieses Herrenzimmers, finden wir Sklaverei.

Die Weib-Sklavin.

Die alle 11 Monate kaum von ihren Wunden verheilt, wieder ein Kind geboren hat.

Der Reihe nach voller Schmerzen, und mit offenem Visier ansehen muß, dass sie keinen Reiz mehr auf ihn ausübt?

Einen Ehegatten, der von ihr genug hat, nur noch in den Wochen, in der sie schwanger werden soll, sie aufsucht,
danach wird sie von Liebessehnsucht verzehrt?

Wissend, dass er sich an anderen weichen Brüsten bedient, aber nicht mehr an ihren Reizen?

Vergeblich, das Warten, vergeblich die Verbände und Salben, die ihre Geburtswunden immer aufs neue geheilt hatten?

Wo ist der Liebste hin, der um sie beworben?

Ist es nur ein Monster?

Warum nennt er seine Liebste Weib?

Wenn er sie doch vor Jahren noch Liebste genannt hat?

Isabell spürte plötzlich, dass sie nur Fleisch war, nur Schenkel, Po, Brüste, die sich mit jedem Schritt,
den sie Richtung Stiege entlang des Flurs machte, mitbewegten, mitschwangen und mitwippten.

Ja - sie war nichts anderes als Fleisch. Er war der Mann.

Der nur durch sein strenges Wort "Weib" zu seiner selbsternannten Apotheose wird.

Isabell spürte ihre Brüste unter ihrem Hemdchen, unter ihrer Bluse, sie waren es,
die es ihr erlaubten, hier arbeiten zu dürfen, neben seiner Weib-Sklavin. Seiner Gebär-Sklavin.

Vier Kinder hatte sie ihm schon geschenkt. Sie bekamen Privatunterricht, lebten exquisit, erzogen von Ammen,
wie bei Königen.

Er residierte in seinem Haus, oder eher Schloss?, wie ein kleiner König.

Lud sich Gäste ein, von denen er sich Vorteile erhoffte. Neue Geschäfte. Kontakte. Gönner.

Gönner die ihm seine Herrschaft bestätigten, ihm wieder junge Damen zuführten,
von denen keine das 21. Jahr überschritten hatte.

Dafür zeigte er sich großzügig, wickelte Geschäfte mit ihnen ab.

Ich war dankbar, als ich vor einem Jahr hierherkam.

Eine von vielen gewesen zu sein, die das Rennen gemacht haben.

Und eine von denen zu sein, die noch hier waren.

Nach mir waren schon 5 andere schon wieder hier und sind gegangen.

Meine Brüste waren eben etwas besonderes.

Von besonderer Form und Größe, Anmut und Wonne, sie berühren zu können.

Ob sein Weib, als sie jung war, auch solche zauberhaften Brüste hatte?

Dass er sie heiratete?

Vielleicht hatten sie schöne Flitterwochen?

Bevor er dann zum Monster wurde?

Vielleicht hat er sie schon in der Hochzeitsnacht gezüchtigt?

Wie er sich heute verhalten hat, schäbig.

Er konnte nicht einmal zugeben, dass er auch Männer liebt.

Ja sicher, das würde ihn völlig kompromitieren.

Nein - unmöglich.

Was gäbe es für eine Szene, wenn ich ihn verraten würde?

Aber das er andere Frauen bei sich hat, weiß die ganze Stadt.

Auch Hermine.

Das ist möglich, das darf sein.

Zwar nicht offen und direkt, aber alle wissen es.

Damen, verheiratet oder nicht, besuchen ihn am Wochenende, oder Abends nach seinen Gelagen,
wie jetzt auch wieder, am Sonntag.

Hermine schweigt und hält still, macht alles mit.

Sie würde auf Knien vor ihm liegen und ihn bitten, dass sie bleiben kann, noch nachdem er sie getreten hat.

Was ist das für eine Welt?

In der Frauen wie Sklaven gehalten werden?

Sie hat ihm ihre Jugend gegeben, ihre Liebe, vielleicht sogar ihre Jungfräulichkeit, wer weiß.

Und heute? Steht sie in der Küche und macht dem Herrn Abendschnitten mit Tee.
Vielleicht legt sie ihm noch Eier auf die Wurst, bevor er sie wieder schlägt?

Ja - er schlägt Frauen. Hermine hat mir ihre Flecken gezeigt. Sie hat sich nach einem halben Jahr mir anvertraut.
Desshalb verteidigt sie mich. Sie weiß, dass er mich anfasst, Dinge tut, die nur Ehepaaren gestattet sind.
Das weiß sie alles. Trotzdem macht sie die Brote, mit Käse, Eiern und Wurst belegt, dazu Obst, wie es ihm lieb ist.

Die Treppe kommt Isabell endlos vor, während sie die Stufen nimmt, wippen ihre Brüste noch mehr,
als sie es schon vorher spürte.

Warum spürt sie ihren Körper so sehr jetzt.

Sie ist nur Körper.

In dieser Welt ist sie nur Fleisch und Brust.

Brustwarzen, Lippen, Lustgrotte, Po.

Sie ist nur Fleisch.

Ja - sie hat ihm vorhin etwas erzählt. Er tat auch noch so, als ob es besonders schlau war, was sie sagte.

Nein - er hat nur geheuchelt. Er wollte sie nur sehen, wie sie sich zeigt, ob sie sich anbiedern würde,
auf dem Chaiselounge.
Dass Hermine sie rief verhinderte, dass er sie anfasste.
Einfach benutzte, wie die Damen vor ihr, und die, die nach ihr kommen.

Ja - sie hatte Privilegien, weil sie schön war, und was ist mit den anderen?

Die nicht diesen wunderschönen Körper hatten, den sie besaß?

Die nicht intelligent genug waren, ihn durch geschicktes Mundwerk zu überlisten?

Die zu stolz waren?

Sich nicht verkaufen wollten?

Die rebellierten?

Was war mit diesen Frauen?

Die, die an dieser Herrenmenschenwelt zerbrechen?

"Isabell!, Da bist Du ja, ich hab schon auf Dich gewartet. Komm geschwind, mach bitte den Tee mein Kind.
Der Herr Professor bekommt jetzt sein Abendessen."

Hermine sah abgearbeitet aus, aber ich konnte ihre Reize noch durch diese Maske der Arbeit sehen,
sie muss einmal wunderschön gewesen sein. Und dumm, nein ein Dummerchen war sie nicht, ganz im Gegenteil.

"Ja Frau Doktor, ich stelle das Wasser gleich auf, ich beeile mich.",
Isabell war immer noch in Gedanken vertieft, holte den großen Topf,
um in den Hof zu gehen, zum Brunnen.

"Zieh Dir was über mein Kind, es ist schon frisch am Abend!",
mahnte Hermine und kam mit einer dicken Felljacke entgegen.

Isabell hielt inne und sagte leise:

"Frau Doktor. Frau Doktor sie sind so wunderschön. Ich liebe sie!",
dann umarmte sie Hermine, dass der Topf ihr aus den Händen glitt,
und auf den Holzdielenboden fiel.

"Du bist verrückt mein Kind. Komm zur Besinnung, nicht dass er noch etwas bemerkt!"

"Nein Hermine, er bemerkt nichts mehr, er ist schon nicht mehr unter den Menschen.",
Isabell drückte Hermine noch fester an sich und küsste sie auf die Wangen.



Bild

"A Pompeian Lady"
1904
John William Godward
Bildlizenz: Public Domain


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http://www.freeyourgender.de/forum/view ... 555&t=1237



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