Gedanken zum Thema: Verdienst, Markttauglichkeit, Kommerz

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Gedanken zum Thema: Verdienst, Markttauglichkeit, Kommerz

Beitrag von Freeyourgender » 19 Feb 2018, 10:32

Salammbo, Band 1 ist nun in der Korrekturphase und wird noch in Form gebracht, die ersten 700 Seiten sind geschrieben,
das freut mich sehr.
Im Deutschen Schriftstellerforum fand ich einen Thread über Verdienst von Autoren, ich schrieb dazu am 19. Februar 2018 folgende Zeilen:


Ich liebe diese Art von Threads,
Pro- und Kontra-Threads bezüglich Vertriebsarten und die Betrachtung von Verdienstergebnissen,
also Gewinnmöglichkeiten für den Autor.

Meist sind die Ansätze dieser Betrachtungen:
Wie bekomme ich als Autor_in überhaupt Gewinn, bzw. kann diesen
optimieren.

Wenn wir diese Frage so stehenlassen, gilt für unbekannte Autor_innen:
Durch einen großen Verlag, durch den Du irgendwie rangekommen bist,
vielleicht durch Glück, Vitamin-B, oder selten aber auch möglich:
Weil er durch Dein Produkt überzeugt wurde und davon begeistert ist.

Bei Erstlingswerken gilt dann:
Alles andere, kleine Verlage, Selbstverlage, oder Du kannst das Buch auch in Deinem Zimmer mit eigenen Maschinen herstellen,
egal wie, Du wirst ein Buch veröffentlichen, aber damit sicher nicht wesentlich Erwähnenswertes verdienen.
Ausnahme: Du hast 100 Std. am Tag Zeit, das Buch im Internet zu bewerben. Als Nobody.
Ich kannte mal eine Anzeige, die fand ich in einer Musikzeitschrift:
"Dudelsack 300,- mit Anleitung. Tel. xxx"
Das war immer nur eine Zeile, sie war immer in dieser Zeitschrift, nach Jahren fand ich diese Anzeige auch in Frauenzeitschriften,
anderen Fachzeitschriften, sie war anscheinend in allem was gedruckt wurde und wo jemand Anzeigen schalten konnte. Crazy...
Das war ein Mensch, der einfach gesagt hat: Ich werbe, werbe, werbe, und dann verkaufe ich auch.
Ok, das könnten wir heute also auch im Internet so machen, aber ob Du dann noch zum leben kommst,
wenn Du Tag und Nacht "Traffic" für Dein Buch generieren musst,
Menschen ständig mit Infos über deinen Roman beglücken willst und Deinen Link streuen musst, wo dein Buch zu ordern wäre.
Ich denke, dass ist nicht sehr erquicklich. Sehr sehr mühselig.

Es bleibt also: Nur die großen Verlage sind imstande, dieses Manöver zu vollziehen,
ein Buch eines Unbekannten in die Sichtbarkeit der Öffentlichkeit zu bringen,
vielleicht sogar in eine Literatur-Kritikerrunde und Buchbesprechung im TV oder ähnliches.

Diese Diskussion, die hier geführt wird, kenne ich aus dem Musik-Biz der 90er Jahre,
die Diskussion um Major-Labels wie Virgin, CBS, Sony und Independent-Labels, "unabhängige" kleine Musikverlage.
Die großen versprachen den Verdienst, die kleinen zumindest Anerkennung und ein paar Krümel Ruhm.

Wenn Du keinen "Namen" hast und niemand Bekanntes bist, hast Du eben genau das Problem:
Warum sollte jemand genau Dich lesen wollen.
Du bist keine Charlotte Roche. Pech gehabt. Ihr Roman Feuchtgebiete wurde durch ihre eigene Person
und ihre Bekanntheit gepushed.


Ich sehe für mich dieses Problem nicht in diesem schwarz-weiß-Modus.
Wenig Verdienst - Viel Verdienst.

Ich stelle die Frage anders:
Wie erreiche ich es, meine Kunst zu veröffentlichen?

Kunst und Verdienst/Kommerz - > und jetzt werde ich für viele nichts Neues sagen: schließen sich im Normalfall (Ausnahmen gibt es auch) aus.

Wenn ich ein Kunstwerk schaffen will, wo ich garantieren will, dass es erfolgreich ist, kann ich nicht mehr alle Register spielen,
dann muss ich das machen, was die "Masse" will.
Deshalb klingen die Songs in den Top10 so wie sie klingen, und davon abweichende neue Trends entstehen nur sehr langsam,
ähnlich kulturellen Entwicklungen.
Ein Dieter Bohlen weiß, welchen Sound, welchen Beat und welche Stimme er braucht, damit sein Song Geld einspielt. Er würde keinen Song
produzieren, der klingt wie von einem Künstler, bei dem der Song selbst im Vordergrund stehen muss, unbeachtet von "Markttauglichkeit",
wie z .B. Tubular Bells von Mike Oldfield es bei seiner Entstehung für Mike war.
Ein Instrumentalstück - völlig "outstanding" zu seiner Zeit, Mike hat hier nicht an Kommerz gedacht. Und seine Aufnahme wäre auch in seinem Archiv verstaubt. Er hätte etwas anderes produzieren müssen um erfolgreich zu werden. Nämlich das, was er später produzieren musste, als er bei Virgin unter Vertrag war (Moonlight Shadow usw usw). Das wollte er aber gar nicht und ist fast daran zerbrochen und musste kämpfen aus dem Vertrag wieder rauszukommen um endlich wieder seine Kunst zu machen.
Paradoxie: Er wäre aber vielleicht gar nicht berühmt geworden, wenn Richard Branson seine Tubular Bells nicht vermarktet hätte,
Virgin ist durch Tubular Bells erst groß geworden, geboren worden. Es war aber viel Kapital nötig. Das Pendant bei Büchern ist hier der "große Verlag".

Was bleibt als Erkenntnis für den unbekannten Künstler?

Mach Deine Kunst, und mach sie für Dich, für eine kleine Gruppe an Menschen, die sie verstehen. Thats it.

Und das ist es auch für mich.

Daher produziere ich meinen Roman Salammbo so wie ich es möchte,
mit Hardcover, 700 Seiten, Farbfotos, teuer. Um die 30 Euro im VK.
Es ist mir nicht wichtig, wie wenig Leute diesen Roman kaufen werden.
Er muss so exisitieren und erhältlich sein, das ist für mich das Wesentliche.

Kunst steht für mich über kommerziellem Erfolg, Erfolgschancen.
Warum ist der klassische Künstler arm? Weil er gar nichts kommerzielles schaffen kann, schaffen will. Ja, es gibt sie auch,
die authentischen Künstler, die trotzdem kommerziell erfolgreich wurden, sie bilden aber die Ausnahme, nicht die Regel.

Wo wollten wir denn dann stoppen, wenn wir Kommerz als Parameter für die Planung und Steuerung unseres Werkes nehmen?
Da müsste ich ja beim Inhalt des Buches bereits beginnen, und diesen nach der Nachfrage des Marktes ausrichten, nach den Vorlieben von Leser_innen.
Dieter Bohlen macht dies, seine Musik klingt auch immer irgendwie gleich. Sie ist das Ergebnis von Wunsch-Algorithmen der Konsumenten.
Für mich gruselig.

Ich möchte aber Kunst schaffen. Es soll genauso werden, wie es werden soll. Ohne Marktgedanken.
Ich brauche dann noch einen Partner, der das Buch druckt.
Hier setze ich BOD ein, der erste Testdruck war fantastisch, sehr gute Qualität des Hardcovers, der Farben und des Papiers,
gestochen scharfes Schriftbild. Es wird teuer und daher wird es wenige Verkäufe geben, aber das ist für mich zweitrangig.
Trotzdem finde ich Klasse, dass BOD die ISBN mitliefert. Vielleicht passiert auch etwas Unerwartetes und es wird "entdeckt"
und von einem Investor gepushed, dann ist es mir recht., wenn sich ein "Branson" findet. Dann wird es vielleicht genau deshalb geliebt,
weil es eben kein Krimi, kein Histo und Liebesroman ist, sondern etwas Besonderes, was nicht einzusortieren ist - so etwas wie Tubular Bells -
authentische Kunst.

Direkt im DSFO lesen:
http://www.dsfo.de/fo/viewtopic.php?p=1189888#1189888



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