Gedanken zum Schreibstil

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JasminRheinhessen
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Gedanken zum Schreibstil

Beitrag von JasminRheinhessen » 06 Apr 2017, 07:21

In einer FB-Gruppe wurde gepostet, dass ein gutes Buch es erforderlich macht, lange am Text zu feilen,
5% schreiben, dann 95% Arbeit mit Nacharbeiten und Verbessern.

Ich schrieb dazu am 5. April 2017
(Randnotiz: Salammbo beginnt in 2 Handlungssträngen: am 5. April 1858 und 5. April 2077, beides der Wochentag Montag)
Das Eingangsposting würde ich nicht für mich so in dieser undifferenzierten universalistischen Aussage unterschreiben.
Sicher muss ich meinen Text nochmal durchlesen und auf Logikfehler untersuchen, das eine oder andere Wort noch tauschen, was mir beim Nochmaligen Lesen unpassend erscheint.

Aber ich halte ein übertriebenes Herumfeilen am Text für meine Texte kontraproduktiv, da ein Text aus einer Gefühlsstimmung entsteht und durch übermässiges "konstruieren", dies alles verloren geht.
Für mich sind Stimmungen im Text wichtig, und diese werden m.M.n. hinter der Konstruktion abgetötet. Auch ein nicht perfekt geschriebener Text lebt durch seinen Ausdruck und erhält somit Individualität und Erkennungswert, vor allem wenn dieser Stil sich kontinuierlich über das Buch fortsetzt - Ganz schlimm finde ich dann Stilschwankungen, die evt. durch Texte entstehen, die verschieden stark bearbeitet wurden.

Aber es mag auf den Stoff ankommen, wenn ich eine fachliche Ausrichtung habe, einen möglichst genauen Reisebericht anfertige, oder Dinge beschreibe, die rein pragmatisch sind, mag das Nacharbeiten Sinn machen.
Auf der Gefühlsebene für Romantexte, in denen meine Protagonisten Gefühle zum Leser transportieren sollen, möchte ich keine Konstruktion von Text.

Ich lasse teilweise Musik laufen beim Schreiben, und dann fließen Kapitel in einem Stück aus den Fingern in die Tasten, hier hinterher anzufassen und zu verändern, ist für mich dann als ob ich den Text wegwerfen würde.


Kunst eine prüfbare Kategorie?

Auch Bandwurmsätze mit vielen Kommas, bleiben bei mir drin, wenn sie an dieser Stelle entstanden sind, da sie bei mir auch Stimmmungen wiedergeben, z.B. Bewusstseinsströme der Protagonisten. Meine Romanfiguren sprechen und denken nicht "aufgeräumt" und ordentlich, da ist auch Durcheinander.

Das Elixier der Kontroverse scheint hier Kommerzialität vs. Kunst zu sein. D.Bohlen weiß, wie er Songs schreibt, dass sie in die Charts kommen, es gibt aber bedeutend schönere Musik als diese Songs in den Charts. Mein Buch wird nicht in diese Richtung zurechtgefeilt werden, da würde ich mich mit Händen und Füßen wehren, nein - es muss auch nicht lesertauglich sein, nicht jedem schmeckt eine Peperoni-Chili-Pizza. Das muss sie auch nicht. Ich habe hier für mich andere Ansprüche.
Ich spüre beim Lesen von manchen Taschenbüchern auch, dass sie "glattgebügelt" wurden, das scheint durch den Text durch, das wirkt dann auf mich, als ob sie jemand anderes mir erzählt, ein Mensch, der sie vom Autor gehört hat. Ein Filter, der keine Überraschungen mehr bietet.

Ich sage einfach ich hab den Text sehr ausgefeilt :- ) und es sind zwischen den Zeilen Botschaften versteckt - alles ist gewollt und viele Metaphern sind noch darin versteckt :- )
Nimm 10 Farbbeutel, klatsch sie auf die Leinwand und sag hinterher, dass du das genau so haben wolltest.
Alle sagen: Wow !
Ich favorisiere absolut die Authentizität der Erstentwürfe. Mit allen Ecken und Kanten, roh und original. Das kann ein Kritiker von mir aus auch zu (m)einem Stil erheben, wenn er möchte.


Wenn es eine Komödie sein soll, könnte das Werk sehr wohl aufgrund dieses Ziels geprüft werden: Ist es lustig?

Ja das stimmt, ich hab das bei dem Genre "Krimi" mitbekommen, da gibts genaue Regeln hab ich gehört, nein - mein Roman hat kein festes Genre, diese Kriterien fallen daher aus.
Jetzt ist die Frage berechtigt, um die Diskussion weiterzuführen, ja was schreibt denn die Carol für einen Roman?
Da diese Antwort komplex ist, plane ich tatsächlich ein Buch zum Buch zu schreiben, nicht sehr dick, vielleicht 50 Seiten, mit dem ich mein Buch "erkläre". Ich halte dies für Literaturkritiker für sinnvoll, die sonst im Nebel herumstochern würden, was ich überhaupt mache. Auch das (Fach)Thema., was ich im Buch beleuchte ist vielen nicht bekannt, bzw. wird falsch verstanden, bzw. in der Gesellschaft falsch kolportiert.
Und genau die Genre-Falle ist es, der ich mit meiner Erklärung zu meinem Buch entgehen will - denn ich schreibe meinen Roman eben nicht für eine bestimmte Zielgruppe.
Da ich bereits am Verfassen meines Buches zum Buch bin - dass man auch eine selbstgeschriebene Literaturkritik nennen könnte, die Licht auf meinen Roman wirft, ohne dass es Unwissende für mich falsch beschreiben, nicht im meinem Sinne beschreiben, kann ich schon einige Genres nennen, die das Buch streift, oder wenn jeder es individuell für sich so sehen will, auch zum Teil erfüllt:
1. eigentlich kein Unterhatlungsroman, zum Teil aber schon
2. Soziologische Forschung
3. Gesellschaftskritik
4. Science Fiction
5. historischer Roman
6. Erotik (evt. sogar FSK18)
7. Literatur (literarische Elemente)
8. Liebesroman
9. Suizidprävention
10. Satire
11. Philosophie
12. Argumenten-Nachschlagewerk
13. zum Teil selbstentwickelte Sprache - Philologie
14. Kernthema: Gender - Geschlechter - Feminismus - Patriarchat
15. Kapitalismuskritik
16. Religionskritik
17. Psychologie (Bewusststeinsströme werden analysiert)

Das sind teilweise keine Genre`s die ich hier aufzähle, aber Eckpunkte, auf denen der Roman immer wieder zurückkommt, jeder einzelne Punkt kann für Leser_innen Kaufentscheidung sein, wenn dieser Punkt für ihn/sie wichtig ist.

Was die Einschätzung Richtung "Literatur" - ja oder nein angeht, orientiere ich mich an Buchanalysen,
die von Kritiker_innen gemacht werden. Besonders im Zeitraffer dargestellte (versuchte) Kritiken sind hier aufschlussreich,
wie Literaturkritiker_innen denken könnten, Sendungen wie "Literatur im Foyer", "lesenswert" (die deutsche und österreichische Version), "Literarisches Quartett", geben hier für mich Aufschluss, was für Kritiker "Literatur" ist oder nicht.
Die Sendungen sind gut auf Youtube dokumentiert.


Ein Einwand in einer FB-Gruppe lautete:
Ein Buch zum Buch, eine Art Erklärbär, - das schreckt doch die Leser ab, sie könnten meinen,
"die hält uns für blöd"

Ich schrieb dazu:
Ja - ich bin mit Dir 100% d'accord.
Ich hasse z.B. auch die Beschreibungen im Klappentext oder auf der Buchrückseite - desshalb werde ich das tunlichst vermeiden. Mein Roman muss sich jeder selber erarbeiten, in der Richtung, dass nicht das Buch gelesen wird, sondern Leser_innen durch das Buch gelesen werden durch ihre individuelle Reflektion darauf.
Das Buch zum Buch soll auch ein längeres Vorwort vermeiden, dass mich im Buch sehr stören würde, es gibt ein Vorwort, aber dies ist keine Erklärung, sondern das Vorwort ist eine vorgelagerte Geschichte, die nicht zum Handlungsstrang gehört, aber zum Kernthema leitet.
Das Erklärbuch zum Buch schreibe ich in erster Linie für Literaturkritiker, es wird auch in dieser Sprache dieser Kritiker verfasst werden, natürlich haben auch Leser_innen die Option, dieses Buch zu lesen, aber allein schon die Trennung vom Roman als eigenes Buch, macht dies zur Option, nicht zur Pflicht.

Literaturkritiker - ja -da hast Du recht, die interessieren sich evt. nicht für meine Erklärung, dann sollen sie im Nebel stochern, und/oder es desshalb sogar zerreissen, weil sie es nicht verstehen können,
wenn sie dann aber auf Dinge rekurieren, was sie nur tun, weil sie meine Erklärung nicht gelesen haben, weiß ich auch, was ich von dieser Kritik zu halten habe.

Ich versuche zu erklären was ich meine:
Mein Roman ist ein Apfel.
Das Buch ist schon, ja, für eine Leserschaft, die wissen, dass ein Apfel Obst ist. Das muss ich ihnen nicht erklären.
Diese Leserschaft und Zielgruppe ist sehr klein.
Ich möchte aber im Buch nicht erklären was Obst ist,
da ich dafür ein eigenes Buch schreiben müsste.
Literaturkritikern, die mein Buch verstehen wollen,
gebe ich aber ein Buch in die Hand, damit sie wissen was Obst ist. Damit sie den Apfel verstehen.
Schreibanfänger > evt. meinst Du unbekannte Namen, die keine Beziehungen zum Business haben und noch keinen Verkauf vorweisen können, daher uninteressant sind zu rezensieren.
Als Anfängerin sehe ich mich nicht, auch wenn das Buch mein Erstling ist.



Es gab eine kleine Kritik für das Kapitel XXIV "Differenzfeministische Liebe",
meine Antwort möchte ich hier festhalten, der Text auf den ich antwortete hat Copyright und fehlt hier,
aber es ist nur meine Antwort wichtig, da sie allgemeingültig ist und auch ohne den vorausgehenden Text
verstanden werden kann.


Erst einmal möchte ich Dir danken. Und das meine ich ehrlich. Die bisher längste Rezension die ich bisher erhalten habe. Nicht mal von meinen Testleserinnen bekam ich mehr Zeilen für ein Kapitel.

Form:
Ja ich mache Zeitsprünge, ich bin mir dessen bewusst und will sie da auch haben. Sie erlauben die Möglichkeit, dass die Stimme aus dem Off mehreren zugeschrieben werden kann, der denkenden Person (der Figur die gerade im Fokus ist) und einer zusätzlichen Person, aber das ist nicht sicher, die Figur kann auch selbst in der Zeit springen, während sie denkt:

Ich ging zum Tisch, dort stand der Aschenbecher. Warum brennt die Zigarette immer noch, warum ist sie nicht schon ausgegangen?
(Wechsel vom Erzählmodi in die Gegenwart, trotzdem spielt die Gegenwart in der Vergangenheit)

Wenn Mirabell das verneinte, könnte sie tausend Törtchen mitbringen, das würde sie ihr nicht verzeihen. Anne war eben ein ganz spezieller Fall - und so lieb.

Ja sicher, ich könnte auch verweigerte schreiben, das wäre passender, ich wollte aber verneinte nehmen. Etwas zu verneinen, oder bejahen, das sind allgemeine Bezüge.

Mit fällt auf, dass Du in vielen Kritkpunkten einen sehr konkreten Text erwartest, der einfacher ist, logischer und stringenter.
Nein - der Text ist sehr offen, er lässt viele Fragen offen. Die Sache imt dem Auto und schleudern usw., mir fällt auf, dass Du, weil Du das ansprichst, weil Du hier Inkonsistenzen in der Logik siehst, den Text zu direkt nimmst, nein, der Monolog-Text ist nicht logisch und klar, er ist diffus und eine Aneinanderreihung von Metaphern. Er geht bereits ins nebulöse, wird traumhaft. Die Sinne sind nicht mehr logisch. Es wird ein Dialog einer TS zwischen einer Differenzfeministin in einer verzweifelten und kafkaesken Weise geschildert. Es wird gezeigt, dass die beiden sich nicht verstehen können und auch nicht verstehen wollen. Weil die besagte Differenzfeministin Frau und Mann über die Reproduktionsmerkmale trennt (Schwangerwerdenkönnen) und die TS sich hier darüber aufregt, aber verzweifelt, weil ihre Gesprächspartnerin, die ja nichts erwidert, weil sie nicht das ist , weil die TS ja nur über sie nachdenkt, nicht einlenken wird.

Es wird dargestellt, dass die TS in einer Zwickmühle ist, auf der einen Seite, leidet sie darunter, weil die Feministin sie nicht als Frau, sondern als Mann sieht, und sie damit unsichtbar wird, auf der anderen Seite liebt sie die Feministin. Diese Verzweiflung wird auch dadurch Rechnung getragen, dass der Text verwirrt wirkt. Die kryptische Sprache die Du ansprichst ist wichtig. Sie macht den Roman nicht leicht zu lesen, es ist kein Unterhaltungsroman.

Danke dass Du meinen Roman bezüglich der wenigen Handlungsstränge lobst, das freut mich. Die Monologe überwiegen aber, in diesen Freiräumen kann ich alles unterbringen, was ich sagen will.

Das weitergraulte, hab ich augebessert, danke.

Kann ein Knie gekrault werden= Hier siehst Du Polemik-Attitüden, auch die Textstellen, die Du als Belehrung empfunden hast, sind durchaus nicht immer so sehr ernst zu nehmen, es ist möglich, aber kein muss, auch wenn die verzweifelte Off-Stimme das so will. Auch die Off-Stimme ist nur eine Figur, die nicht die Wahrheit verkünden kann, das muss ihr zugestanden werden. Damit wird sie fehlbar und menschlich. Wie im Propädeutikum angedeutet, im Kap. II, (die erste Leseprobe von mir hier) will die Protagonistin, die Priesterin, die Romanschreiberin, nicht die Wahrheit verkünden.

Hier ist die Stelle:

"Schimpf und Schande wird über mich ausgebreitet werden. Aber diese Unehre möge ich ertragen, wenn ich doch nur Euch, meine liebsten Leser und Leserinnen zeigen kann, dass es noch eine andere Wahrheit gibt. Die, sollte sie genauso unwahr sein wie diejenige, die ihr zuerst vernommen, zumindest die bessere Unwahrheit ist, denn sie macht Ihresgleichen meist sehr glücklich. Die Wahrheit der Oberen aber, ist Despotismus und schafft Ketten in den Gedanken, macht unfrei und auch Dein Geschlecht fühlt sich verraten.
Möchtest Du, nur um der Kränkung zu entgehen, Deine Seele verraten? Lass mich Priesterin und Anwältin Deiner Seele sein."

Der Anfang des Kap. XXIV:
"Was passiert einer Differenzfeministin, wenn sie zwischen Frau und Tr☹ns mit dem Auto ins Schleudern kommt?"
Klar zu erkennen, dass es sich beim schleudernden Auto nur um eine Metapher handelt. Es geht darum, dass die Argumente der Differenzfeministin nicht schlüssig sind, da sie mit Schwangerwerdenkönnen Frauen definiert, aber für sie dann Frauen mit einem X-Chromosom keine Frauen sein dürften, sie sind es aber in unserer Gesellschaft, und sie können keine Kinder bekommen. Es sind sehr hübsche Frauen, meist Sportlerinnen oder Models. Kein Haar am Körper. Trotzdem dürften sie keine Frauen sein, nach der Defintion der Differenzfeministin. Sie wendet ihre Argumentation für Transfrauen an, das ist ihr wichtig, dass Menschen, mit dem falschen Genital geboren, dann keine Frauen sind.

Das Kapitel ist ein wichtiges, da es den Kern der Problematik zwischen Trans-.Diskurs und feministischem Diskurs abbildet. Auch in Bezug auf die Kleidung.



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