CXLII - Brief an eine unterdrückte Frau

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JasminRheinhessen
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CXLII - Brief an eine unterdrückte Frau

Beitrag von JasminRheinhessen » 29 Okt 2016, 22:33

Meine Schmusezauberfee,

es gibt viel zu reflektieren,
ich schreibe heute wieder und ziehe Emails Telefon vor,
ich möchte mit Dir auch wieder telefonieren,
aber Telefon wäre dann einfach für Nähe da,
Emails so sehe ich, sind eine ergebnisreichere Kommunikation,
wenn unsere Beziehung eine Evolution erfahren soll.

Was mir auffällt, dass Du pragmatisch über die Zukunft nachdenkst,
und Deine Möglichkeiten anvisierst,
das war vor wenigen Monaten nicht so,
da ging es vorwiegend darum, mir zu vermitteln, wo Deine Probleme liegen.
Ich sehe dass Du nach vorne strebst, Mut hast, und die Eisenkugel am Bein
langsam ablegst.

Ja - Du kannst sie ablegen, komplett.

Du hast alle Möglichkeiten der Welt.
Du könntest ganz woanders leben, woanders Geld verdienen, frei sein.
Das Klammern an die Wohnung, diese Verlustangst,
lässt Dich Angst haben vor Deinen Eltern, Du kannst nicht mehr tun was Du tun würdest,
wenn Du frei wärst.
Das schilderst Du eindringlich. Du bist sozusagen Sklave von Erwartungen des Patriarchat.
Das Patriarchat wird von Deinem Vater verkörpert,
er unterdrückt Dich, wie andere Frauen.

Du bräuchtest Dich diesem nicht ausliefern:
auch die Wohnung bräuchtest Du mittelfristig nicht,
auch nicht als Erbe.

Du hast mehr Möglichkeiten, als Dir bewusst sind.
Aus dem Faktum, dass Du eine Frau bist.
Stell Dir dazu vor, Du wärst jetzt in Los Angeles,
vielleicht bei einer Model-Agentur für Werbespots,
oder als Statistin in einem Film.
Als Putzfrau, Hobbymätresse eines impotenten Hotelbesitzers,
und abends gehst Du noch mit einer älteren Dame ins Theater,
passt auf ihren Hund auf.
Ich will mit diesen Beispielen nur sagen,
dass es - wenn man es hart ausdrückt - beschränkt ist,
die Grenzen um Deine Stadt herum zu ziehen.
Sicher:
Ein spinniger Traum.
Wir erwachen und stellen fest:
USA lässt uns gar nicht einreisen,
wir haben gar nicht die körperliche Kraft für diese Veränderungen.
Wir könnten einen Amerikaner heiraten, um die Staatsangehörigkeit zu erlangen.
Dann sind wir (wieder) in Abhängigkeiten. Nur anders gelagerte.
Stopp. Film zurückfahren. Anfang und neu.

Dieses überzeichnete Szenario dient aber zumindest für eines:
Es entlarvt die jetzig gelebte Welt als klein, bedeutungslos, und eines aber immer:
Veränderungsfähig.
Veränderungsfähig auf jeden Fall.
Nur wir wollen es nicht schlechter haben, als jetzt schon.

Was bleibt dann:
Die engen Grenzen in denen wir uns bewegen dürfen.

Meine Grenzen kenne ich, sie sind bei mir finanzieller Art und in der Zeitachse.
Ich hänge an meinen Einkunftquellen wie an einer Nabelschnur.
Alles muss ich mit dieser Arbeit synchronisieren.
Ok - damit kann ich leben - muss ich kurzfristig noch.
Mittel- und Langfristig träume ich von mehr Freiheit- anderen Dingen.
Träumen und Planen sind oft eines.

Bei Dir sind die Grenzen noch enger:
Du hälst an der Wohnung fest, was zur Folge Dein Versteckspiel hat.
Kein Gesicht zeigen bedeutet viele Nachteile:
Im Business z.B. schlechte Vermarktungschancen,
Diese Nachteile spüren die Kunden und nehmen es als Schwäche war,
Schwäche bedeutet: Billiger Verkauf der "Ware".
Gesichtslos in irgendeiner Agentur ? (Models gibst für alles mögliche)
ohne Gesicht, Profilfotos, Webseiten usw. - aussichtslos.
Die Angst, vor Menschen, die Dich entdecken und Dich kompromitieren.
Es ist Vorraussetzung, dass Du diese ablegen musst,
EGAL welche Pläne Du auch immer hast um Geld zu verdienen.

Das ergibt eigentlich wenn man es genau nimmt folgende Gleichung:
A. Freiheit bedeutet Offenheit in allen Dingen.
B. Festhalten an der Wohnung bedeutet das Gegenteil von Offenheit.
(FINDE DEN FEHLER)

Aus A resultiert Verdienst, Erfolg, auch weg von Hartz4,
dass Deine Einkünfte beschneidet.
Weg von Hartz4 gehört zur Freiheit, die ein Erfolg Deiner Offenheit ist.

Ich sage: Bevor Du Pläne machst, solltest Du Dir als erstes die Frage stellen:
Will ich so weitermachen ?
Muss ich so weitermachen ?
Was hält mich auf ?

Brauche ich die Wohnung - oder das Erbe,
wenn ich bald glücklich sein kann, in Harmonie und Geld verdienen kann ?
Wozu brauche ich das Geld für die Wohnung ?
(Doch nur dann, wenn Du annehmen würdest, Du würdest nie mehr richtiges Geld
verdienen können)

Wenn Du also sowieso Geld verdienen möchtest,
dann fang doch jetzt damit an,
ob Du die Wohnung dadurch verlierst oder nicht,
sollte egal sein.
Wichtig ist das Ziel, Geld verdienen zu wollen.

Oder möchtest Du warten, noch 10 Jahre ?
5 Jahre ? 3 Jahre ?

Ich würde sagen, dass alle Pläne die Du in Richtung Geld verdienen machst,
aus Deiner jetzigen Situation heraus,
daran scheitern werden, wenn Du nicht kompromisslos offen sein willst/kannst.
Daher stellt sich die Frage:
Willst Du die Weiche stellen ?
Oder den Zug weiter in Richtung Dämmerung fahren lassen,
oder lieber umdrehen, in den Sonnenaufgang ?

Meine Zeilen klingen abstrakt, aber ich denke, Du weisst, worauf ich hinaus will.

Als ich anfing mit meinen Webseiten, hatte ich noch meinen Job,
ich hab damals im Büro gearbeitet.
Ich hab die Seiten hochgeladen, wissend, wenn das jemand im Büro entdeckt,
und wir hatten damals alle schon Computer mit Internetzugang an den Schreibtischen,
dann wars das.
Entdecktzu werden, dass war bei einer Firma mit 500 Büroangestellten,
in der ich seit knapp 20ig Jahren bekannt war, ein sehr wahrscheinliches Szenario.
Ich hab meine Webseiten hochgeladen, und mich damit schon gegen meinen Job entschieden.
Heißt: Ich hab in Kauf genommen, dass es zum Jobverlust führen könnte.
Es war eine Entscheidung. Für die Freiheit. Gegen das Gefängnis.
2 Jahre später bekam ich die betriebsbedingte Kündigung,
meine Erfahrungen die ich 2 Jahre gemacht habe,
waren der Vorsprung den ich zum weiterschwimmen gebraucht habe.
Ich konnte ohne Arbeitslosengeld zu beantragen, direkt nahtlos weitermachen.

Ich sehe bei Dir das Pendant:
Du solltest Das Ziel ins Auge fassen: Die Freiheit.
Jetzt.
Den Verlust der Wohnung, Enterbung usw. - > ist offen, aber es muss Dir egal sein.
Für das Ziel egal sein.

Eigentlich kannst Du nur gewinnen.

Der Wert einer Wohnung ist in Deiner zukünftigen Biographie
deiner arbeitstechnischen Freiheit nur eine kleine Ziffer.

Ich lese Deine Emails ja nicht erst seit gestern,
Du bist nicht nur eine Frau, sondern auch hochintelligent, intellektuell.
Du gehörst zur Elite, was das Denken über komplexe Sachverhalte angeht.
Du kannst Dich sehr gut ausdrücken, punktgenau formulieren;
was Dein analytisches Denken aufzeigt.

Du bist depressiv - > Das kann ein Vorteil sein, dann konzentriert man sich aufs
Wesentliche, und wird von Dingen eher angetrieben, wenn man kompensiert.
Kompensation kann man als Motivation nutzen, als Energiequelle.
Das mache ich auch so ähnlich,
viele meiner Arbeiten sind Kompensation.
Kann aber auch zur ökonomischen Kraft werden,
wenn ich dadurch als Autorin bzw. für andere fachlich kompetent erscheine.
Dadurch auf anderen Gebieten wieder Vorteile habe.
Z.B. könnte ein Youtube-Auftritt mehr Power erhalten,
wenn er durch hunderte Artikel mitgepushed wird, die ich geschrieben habe.

Dein Vorteil ist auch, dass Du keine Beziehung brauchst.
Du bist keine Frau, die in Beziehungen hineinflüchtet.
Beziehungen schaffen Abhängigkeiten.
Ich mag Beziehungen, bin aber nicht süchtig wie ein Junkie danach.
Ich fühle polygam. Kann gleichzeitig viele Frauen lieben.
Das ist ein Vorteil. wenn Du ein freies Radikal bleiben willst.

Ich selbst bin zur Zeit auch in einer Planungs- und Ãœberdenkphase meines Lebens,
denke viel nach, versuche nachhaltig zu planen.
Kontakte zu knüpfen und zu vertiefen. (habe weniger als eine Hand voll)
Und ja - ab einem gewissen Alter sieht man eben,
dass das was hinter einem ist, schon länger ist, als das was kommt.
Dann sind auch die Planungen in einer anderen "Mood".

Du bist in einer Evolutionsphase, mach aus ihr Deine Revolutionsphase.
Die erste Ãœbung ist, die Angst vor dem Verlust der Wohnung, die Angst sie zu verlieren.

Es dürfte die schwerste Übung sein für Dich.
Es ist aber wichtig, darüber nachzudenken.
Das Festhalten macht Dich kaputt.

Sicherheitsdenken lässt viele Menschen in Mobbingsituationen zu lange verharren.
Mach nicht den gleichen Fehler.

Bevor Du also über konkrete Ideen nachdenkst,
was Du genau machen möchtest,
ist die Kernfrage:
Schaffe ich es, meine Entscheidungen, was ich machen will
unabhängig zu meiner Verlustangst der Wohnung zu fällen ?

Wenn Du diese Frage mit Ja beantworten kannst,
kannst Du den nächsten Schritt gehen.
Du kannst nicht mit der Eisenkugel
(Restriktionen und Unterdrückung)
am Bein den Weg in die Freiheit schaffen.
Die Wohnung behalten zu wollen,
enthält zu viel Gift für die Gegenwart,
Du wirst krank sein, wenn Du Dein Recht bekommst.
Der Preis ist zu hoch, den Du zu zahlen bereit bist.

Ich wollte Dir jetzt einen Link hier reinlegen,
von Westernhagen - Freiheit ! -
aber das wäre zu flach, nein - dieser passt eher für Deinen Fall:



Deine jetzige Situation ist Dein Leningrad,
nimm den Schlitten, und fahr über den gefrorenen Ladogasee,
er ist Deine "Straße des Lebens" - wie er heute genannt wird.

Ich kann Dich nicht treffen, bevor ich nicht in Deinen Augen
die Hoffnung sehe, die Freude auf die Zukunft,
die deine Trauer ersetzt, für immer verschwinden lässt.

Du bist Realistin, Du weisst dass Du die Wohnung nicht morgen verlassen kannst,
vielleicht auch nicht übermorgen.
Aber Deine Entscheidung, Deine Pläne die Du JETZT und heute triffst,
müssen von dieser Entscheidung nicht beeinflusst werden dürfen.

Ich habe persönliches aus dieser Email entfernt,
damit ich sie veröffentlichen kann;
denn sie gilt für viele tausende andere Frauen.
Vielleicht kann ich mit diesen Zeilen da draussen noch Anderen Hoffnung geben.
Die Frauenhäuser sind voll genug.

Deine
Jasmin



Indizes:
Patriarchat - FYG0011




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