CXXXV - Die angebliche Norm....

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JasminRheinhessen
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CXXXV - Die angebliche Norm....

Beitrag von JasminRheinhessen » 28 Sep 2016, 14:15

Es ist klar,
dass in einer Gesellschaft, in der alles was nicht heteronormativ ist,
sanktioniert wird,
die meisten Menchen, wenn sie gefragt werden,
"Bist Du homosexuell ? ", mit "Nein" antworten.
Die Sanktionen in Deutschland im Jahr 2016 sind meist versteckt:
Da gehen Jobs verloren, aus anderen Gründen natürlich,
Freunde rufen nicht mehr an, nach dem Outing,
oder rechtspolitische Parteien bezeichnen das eigene Verhalten
als "unnormal", und man sollte "dies nicht offen zeigen".
Eines ist aber auf jeden Fall immer präsent:
Man muss sich dafür rechtfertigen, sich erklären.
Wer muss sich dafür entschuldigen, dass er heterosexuell ist ?

In so einer Gesellschaft will niemand freiwillig zu den "Unnormalen" gehören.
Klar gibt es dann den einen oder anderen,
der sagt: Ja ich bin homosexuell.
Genau diese wenigen bilden dann die oft zitierten 5% in Umfragen,
die sich homosexuell definieren.

Hätten wir eine Gesellschaft, die keine Unterschiede machen und negative Folgen für den Einzelnen hätte,
würde diese Zahl derjenigen, die sich "bekennen" bedeutend höher sein.

Und immer in diesen Diskussionen fällt auf,
dass Bisexualität nicht betrachtet wird.
Sexualität ist ein Prozess, ein Kontinuum, jeder Mensch durchläuft Phasen,
Sexualität ist nicht statisch.
Der Anteil der Bisexuellen ist höher, als die der Heterosexuellen,
eine provokative These ? Finde ich ganz und gar nicht.
Mit der Phrase: "Ein bisschen bi schadet nie", sehen wir das Zugeständniss,
das Menschen das Bi-Label eher für sich zulassen können als Selbstdefinition,
es ist ja nicht so schlimm dann, denn hetero ist ja darin auch noch enthalten,
also polemisch gesagt "gerade noch erlaubt".

In einem Umfeld, in denen Menschen hetero sozialisiert werden,
von Kindesalter an, ist es nur die logische Folge,
das sie jedes Gefühl, dass von diesem Konstrukt abweicht,
für sich selbst im Keim ersticken, verdrängen.
So gut verdrängen, dass sie felsenfest davon überzeugt sind, hetero zu sein.
Genau das gehört ja zur Verdrängung. Ist ein immanenter Teil derselben.

Nein - sexuelle Präferenzen sind ein fliessender Prozesse, schwankend.
Menschen machen hier Entwicklungen durch, und gerade weil diese Entwicklungen
möglich sind, sehen wir die Wirkung der Sozialisierung.
Je nachdem, wie frei sich ein Mensch in der Gesellschaft bewegen kann,
ändert er seine Verdrängungs-Ratio.
Eine Mutter, die in einem konservativen Umfeld lebt,
z.B. ein ländliches kleines Dorf, in dem der Gang zur Kirche obligatorisch ist,
die Kinder hat, denen sie ein Vorbild entsprechend des Dorf-Weltbildes sein will,
sie wird von sich nichts entdecken wollen, was nicht in dieses Bild passt,
das würde sie irritieren, belasten.
Es kommt die Scheidung, sie zieht in eine Großstadt,
sie hat keine Verpflichtungen mehr, sie "lebt sich nun aus".
Verdrängungen können nun zurückgenommen werden,
sie entdeckt nun Dinge, die zwar schon vorher da waren,
aber durch die "äusseren Umstände" verschüttet wurden.

Wenn wir also Umfragen durchführen,
und 5% Homosexuelle als Ergebnis ausweisen,
sind das diejenigen Menschen,
die entweder in einem Umfeld leben,
das sehr wenig oder keine Verdrängung bedarf,
oder Menschen, die auch Nachteile in Kauf nehmen,
die durch ihr Outing in einem konservativen Umfeld entsehen.
Nicht enthalten sind die Menschen,
die opportun nach heteronormativen Erwartungen leben,
maximal alles andere verdrängen,
und zwar so perfekt, dass es nicht einmal etwas nützt,
dass die Umfragen anonym sind,
sie sind selbst davon überzeugt, hetero zu sein.
Die Verdrängung und Selbstlüge,
das nicht erst entstehen lassen und zulassen von Gefühlen,
macht sie zu dem absoluten heterosexuellen Menschen,
und es enstehen Aussagen wie "stock-hetero".
(als Pendant zu "stockschwul")

Da ist natürlich absolut lächerlich,
denn in einer Welt, in der es keine "Auflagen" gäbe,
wie man sein müsste,
wären die Bisexuellen in der Mehrheit,
diejenigen, die sich in Gefühlsprozessen befinden,
diese auch zulasen, die immer schwanken sind.
Und jeder, der nur einem Extrem zugewandt ist,
von sich sagt, er wäre stockhetero oder stockschwul,
auf diesem würde der Verdacht fallen,
dass er seinen Yin- oder Yang-Anteil vedrängt.

Normal wäre es daher,
wenn sich Menschen, die behaupten sie wären "stockhetero"
erklären müssten, sich rechtfertigen.

Die patriarchale heteronormative Konstruktion erkennen wir an vielen Dingen,
z.B. an der Tatsache,
dass die Ehefrau, wenn sie mit ihrer Freundin ins Bett geht,
ein kleineres Problem hat um dies ihrem Mann zu erkären,
als der Mann, der mit seinem Freund in flagranti von seiner Ehefrau entdeckt wird.



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