CXXI - Heteronormativität > Normal

Antworten
Benutzeravatar
JasminRheinhessen
Beiträge: 620
Registriert: 11 Sep 2014, 19:18
Wohnort: Würzburg

CXXI - Heteronormativität > Normal

Beitrag von JasminRheinhessen » 26 Jul 2016, 10:29

An vielen Umfrage lässt sich erkennen,
dass Heteronormativität ein Konstrukt ist,
dass durch die Erziehung in der Regel und in der Gesamtbetrachtung als "gut" empfunden wird,
und alles andere als "schlecht"...

Dies lässt sich daran erkennen,
dass die Gesellschaft und Kultur
nicht die Umfragewerte wiederspiegelt,
will sagen:
Wenn die Werte widergespiegelt würden,
gäbe es z.B. viel mehr Kneipen, in denen LGBT Leben möglich wäre, oder es müsste nicht darüber diskutiert werden,
von wem Sulu in "Star Trek Beyond" nun geküsst werden darf.

Daher,
immer wenn die Öffentlichkeit ins Spiel kommt,
und Menschen aus der Anonymität treten,
würden die Umfragewerte dann in Richtung Heteronormativität ausschlagen.

Dies zeigt das Wertemuster auf,
das gültig "gemacht" wurde und wird durch die Erziehung:
Hetero ist gut, alles andere, dafür musst Du dich schämen, dich erklären, dich rechtfertigen, dich verteidigen.

Auch in der Regel zu sehen:
Meist sind die Themen Trans* nicht in den Fragen auszumachen.
Auch meist die Regel:
Bisexualität wird unsichtbar gemacht,
gar nicht erst abgefragt,
genausowenig intersexuelle Themen.
Intersexuelle Themen werden so regelmässig ausgeblendet, dass es niemanden mehr auffällt.
(Tabuisierung)

Die Frage nach der Akzeptanz zu homosexuellen Küssen in der Öffentlichkeit ist meist zu undifferenziert,
hier kommt es stark darauf an, ob sich Männer oder Frauen küssen.

Dies gilt auch für die Frage nach Gruppensex,
hier ist es wesentlich, ob der Gruppensex mit 2 fremden Partnern,
oder mit einem fremden Partner und mit meinem Beziehungspartner erlebt wird, ob es mehr als drei sind,
und ob es zwei Frauen und ein Mann, oder zwei Männer und eine Frau sind.

Denn z.B. die Konstellation w/m Paar mit w ist häufiger erwünscht, da w, wie aus den Umfragen oft zu erkennen und nicht überraschend,
weniger Probleme hat mit w Sex zu probieren.

Die Kombination w/w ist weniger problematisch, da zwei w innerhalb der Erziehung bereits viel mehr Freiräume
in einer heteronormativen Gesellschaft zugestanden wird und daher Verdränungsbarrieren nicht erst in dem Maße aufgebaut werden,
wie das bei Männern der Fall ist.
(Homophobie ist ein Ergebnis des heteronormativen Wertekonstrukts)

Freundinnen die sich küssen oder Händchenhalten, und das schon in jungen Jahren, dies wird ohne grössere Probleme akzeptiert,
ist eine Option, ist möglich.
Sie sind halt Freundinnen...
Was bei Männern schon von Beginn an in jungen Jahren, während der Erziehung nicht möglich ist.
Hier haben Frauen schon eine bedeutend grössere Möglichkeit, in ihrem "erlaubten und zugestandenen Rahmen"
aus der Heteronormativität auszubrechen.

Und später, eine Frau kann Hosen anziehen,
ohne sich dafür erklären zu müssen,
kann lesbische Signale setzen,
ohne sich dadurch automatisch zu outen.

Bei Männern sind z.B. Kleidungsstücke viel auffälliger,
das wird vor allem dann ein echtes Problem, wenn Identitäten ins Spiel kommen,
denn dann wird Kleidung für diese Menschen zu einem wichtigen Akzeptanzwerkzeug für sich selbst,
allein schon für die Eigenankzeptanz ("Mann" im Rock...).
Hier wird dann Ablehnung der Gesellschaft in Kauf genommen, um die Identität zu wahren.
Bei Frauen ist dieses "Spiel" so gut wie innerhalb der Akzeptanzzone der Heteronormativität, sowie der CIS-Identitätenwelt möglich,
sie fallen zwar auf, aber es entsteht ein Fragezeichen, und sie sind nicht automatisch "Trans".

Eine Frau kann sich, wenn sie will,
viel leichter ungeoutet in der gesamten LGBTTIQ Szene bewegen, wenn beide Frauen ein Paar sind und ungeoutet bleiben wollen,
ist das auch ohne weiteres möglich.

Dies gilt auch für die Identitätsthemen,
die oft, nicht immer, mit sexuellen Präferenzen ausserhalb der Heteronormativität verbunden sind.
Wir sehen dann die "burschikose" Sekretärin, die androgyne Sportlerin, oder sogar "den DragKing",
nehmen diese aber immer noch als hetero und als Frauen wahr, bzw. können dies, sofern wir dies wollen.
Tauschten wir diese "Rollen" mit Männern aus, sagen wir in der Regel ohne zu überlegen: schwul.

Lebt ein Mann heteronormativ, und will (muss) LGBTTIQ für sich verdrängen,
hat mit küssenden oder händchenhaltenden Frauen z.B. in der Werbung keine Probleme,
sie bleiben für ihn in der (seiner) heteronormativen Welt, wenn er dies für sich möchte.
Er wurde hier nicht innerhalb seiner Erziehung darauf konditioniert, dass hier eine Trennlinie in der Schärfe gezogen werden muss,
wie es bei küssenden oder händchenhaltenden Männern für ihn der Fall ist.

Homphobie ist, und bei Umfragen nach Akzeptanz wird indirekt Homophobie abgefragt, ein Konstrukt der Erziehung,
der Sozialisation innerhalb Kindergarten, Schule, Ausbildung, Schulen, der Familie, der Gleichaltrigen.

Würden Jungen/Männer nur den Freiraum in ihrer Erziehung bekommen, wie ihn Frauen seit den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts haben,
gäbe es bedeutend mehr Akzeptanz für LGBTTIQ, weniger Homophobie.

Daher ist der Bildungsplan in den Schulen wo wichtig, der die Formel: heteronormativ = gut, normal,
alles andere ist unnormal und somit schlechter, auflöst.
Denn wenn etwas im Unterricht nicht erwähnt wird, nicht besprochen wird, ist es so gut wie nicht existent,
und was nicht existent ist, ist nicht "normal".


Gerade immer dann, wenn Menschen grossen Wert
auf Heteronormativität legen,
und das Pendant dazu ist das duale Geschlechtermodell,
haben sie eine starke normative Erziehung erhalten,
eine der Ursachen von Homophobie und Transphobie,
was z.B. die Selbstakzeptanz z.B. für Menschen,
die mit dem falschen Genital geboren wurden sehr erschwert.
Diese Menschen benötigen meist eine OP nicht nur aber auch desshalb,
weil sie darunter leiden, "nicht zu entsprechen".
Auch müssen sie sich von den "anderen" abgrenzen,
um in Harmonie zu kommen,
müssen Menschen mit Penis, die sagen sie sind Frauen,
als Männer erklären, und sich selbst als Frauen,
"weil sie ja etwas dafür tun",
die OP machen, die PÄ, 24/7 "als Frau" leben.
Das sind alles Dinge, die siie von anderen erwarten,
denen sie zugestehen sollen, dass sie Frauen sind.
Diese Abgrenzung ist ein Ergebnis auch von Erziehung.
Diese Menschen leiden besonders unter einer Welt,
die für Selbstbestimmung der Geschlechter kämpft.
Für die Selbstbestimmng zu sagen: Ich bin eine Frau, ich bin ein Mann,
unabhängig des Genitals.
Unabhängig von allem.

Es ist immer eine Mischung, wenn Menschen verzweifeln:
Die Eigenakzeptanz und die Fremdakzeptanz.
Wenn die Fremdakzeptanz gegeben wäre,
es keine Fremdbestimmung gäbe,
wäre schon viel gewonnen.


Es ist immer eine Mischung, wenn Menschen verzweifeln:
Der Kampf mit der Eigenakzeptanz und der Fremdakzeptanz.
Wenn die Fremdakzeptanz gegeben wäre,
es keine Fremdbestimmung gäbe,
wäre schon viel gewonnen.


Die rein sprachliche Problematik,
etwas als "normal" zu bezeichnen ist auch wichtig:

Was dann nämlich bedeuten würde,
das anderes nicht normal wäre,
also "abnormal".
Abnormal hat eine negative Konnotation.

Wenn Du "normal" gegen "gewöhnlich" austauscht
und LGBT dann als "aussergewöhnlich" ansiehst,
sieht die verbale Reflektion schon wieder anders aus:
Gewöhnlich steht synonym fast schon für "langweilig".
Aussergewöhnlichi für etwas besonderes,
etwas erstrebenswertes, etwas was man sucht,
evt. das 4-blättrige Kleeblatt.
Desshalb ist die Sprache so wichtig,
denn sie ist der 1. Schritt, etwas richtig zu sehen und zu verstehen.



Antworten

Zurück zu „- ready to print -“