Bruch

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laura.frontaliere
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Bruch

Beitrag von laura.frontaliere » 29 Mär 2015, 12:41

Oft frage ich mich, ob und wie man einen Bruch leben kann. Den Bruch in einem selbst. Wie man die unsaubere Naht in sich selbst als Teil des Selbst anerkennen kann. Die Frage will ich Frau leben oder Mann zerreist mich meist. Das was mich dabei zerreist ist einfach die Notwendigkeit zu entscheiden. Aber gibt es diese Notwendigkeit in mir selbst, oder ist sie von außen in mich hineingetragen?

Ich komme mehr und mehr dazu, dass sich die Notwendigkeit zur Entscheidung aus dem Umfeld im Außen ergibt. Ohne Reflex in der Gemeinschaft der Menschen, die sich dem Weiblichen oder Männlichen zugehörig fühlen, würde ich in mir den schmerzhaften Zwang nicht in dem Maße spüren.
Aber kann ich den Bruch leben, kann ich die unsauber gezogene Naht in meiner Seele so kultivieren, dass ich dazu stehen kann und kann ich dann beides sein? Beides leben? Die starke Weiblichkeit im Körper eines Mannes und kann der Mann dabei auch zur Geltung kommen?

Es gibt viele Menschen die ihre Brüche leben können und auch müssen. Das sie das können erfüllt mich zu weilen mit Neid. Andererseits ich weiß ja nicht wie sie sich im Inneren fühlen.
Lohnenswert ist es bestimmt es zu versuchen. Denn ich glaube inzwischen nur wenn ich keine meiner Seiten leugne kann ich vor mir selbst ganz sein. Dazu gehört, dass die Frau in mir den Mann nicht leugnet. Und das die Frau auch nach außen sichtbar werden darf. Keine Ahnung wie das gut gelingen kann. Aber ich habe eine Ahnung, dass sich hier ein Weg für mich abzeichnen könnte. Zeit brauch ich dazu.

Mir scheint so ist aber vielleicht ein Beitrag zur geschlechtlichen Vielfalt möglich. Denn die Entscheidung für entweder das eine oder das andere fördert ja keine Vielfalt sondern manifestiert den zwingenden Dualismus. Geschlechtliche Vielfalt bedeutet für mich auch und gerade zu sagen ich bin trans* und versuche für mich das dritte oder wievielte Geschlecht zu leben. Vielfalt bedeutet für mich die Anerkennung auch des Lebensweges, den ich gehe, wenn er auch leise ist.
Vor allem wird aber Zeit, dass es wieder heller wird und wärmer. Ich bin Dunkelheit und Kälte leid. Mir dauert der Winter schon wieder zu lange.

Laura



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Rosi
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Re: Bruch

Beitrag von Rosi » 01 Mai 2015, 01:50

Fast könnt man meinen, die Sonne selbst brodelt in Dir, Laura.

Die tiefe Deiner Gedanken, lässt vielleicht ihr Licht nur schwach durchscheinen
Der Mantel über Deinen Gefühlen, lässt vielleicht ihre Wärme nicht durchdringen
Die Last in Deinen Worten, lässt Dich vielleicht nicht aufrecht den Tag sehen den sie beleuchtet

Zertrete den errichteten Scheiterhaufen und zeig der Welt, welches Feuer in Dir brennt.
Warte nicht, bis die Welt Vielfalt zulässt, zeige der Welt wieviel Vielfalt in Dir steckt.
Schenke Dich der Welt, es werden sich Menschen über Dein Geschenk freuen.

Lass Deine Sonne über dem frostigen Erdenrand aufgehen.

Rosi
Ich bin zwar "weich", aber darin bin ich "knallhart"

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JasminRheinhessen
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Re: Bruch

Beitrag von JasminRheinhessen » 08 Mai 2015, 01:09

Liebe Laura,

seit über einem Jahr arbeite ich pragmatisch, an meinem Erklärungsmodell,
dass die Grundlage der FYG-Verständniswelt bildet.
Dein Text ist eine wunderbare Bestätigung dieses Modells.

Dein Zwiespalt den Du schilderst, entsteht nach diesem Modell durch die "Unterhaltung"
und "Korrespondenz" zwischen Deinem unbewusstem nichtbinären (stufenlosen)
Gehirngeschlecht (biologisch begründet)
http://www.freeyourgender.de/forum/viewforum.php?f=137
und - und das ist jetzt der 2. Part der FYG-Erklärungswelt
Deinem Identitätsgeschlecht (kognitiv begründet)
http://www.freeyourgender.de/forum/viewforum.php?f=138
Das Identitätsgeschlecht ist für diesen Satz den Du geschrieben hast verantwortlich:

"Ich komme mehr und mehr dazu, dass sich die Notwendigkeit zur Entscheidung aus dem Umfeld im Außen ergibt"


Du skizzierst auch einen Fall, der für Dich eintreten würde,
wenn keine kognitiven Kräfte wirken würden, dass beschreibst Du mit dem Satz:

"Ohne Reflex in der Gemeinschaft der Menschen, die sich dem Weiblichen oder Männlichen zugehörig fühlen, würde ich in mir den schmerzhaften Zwang nicht in dem Maße spüren."


Denn ohne kogntive "Identitätsraster", die erzwingen, dass Du Dich für eine "Position" entscheidest,
auch eine Verweigunger (Genderqueer) ist bereits eine Entscheidung, denn sie muss sich gegen
etwas bestehendes entscheiden, könntest Du in Gänze auf Dein Gehirngeschlecht reflektieren.
Egal welchen Rasterpunkt (TV, TS, DWT, Mann, Frau usw usw) der Kognition zu wählst,
es bleibt immer eine Abweichung zum Gehirngeschlecht vorhanden,
da das Gehirngeschlecht keine Rasterpunkte kennt, und daher du nie Dich
mit Deinem bewußten Identitätsgeschlecht so justieren kannst, dass der Rasterpunkt
Deinem Gehirngeschlecht entspricht.

Alle Deine weiteren Überlegungen Deines Artikels gehören zu den Harmonisierungsversuchen,
Dein Gehirngeschlecht, mit Deinem Identitätsgeschlecht abzugleichen.
Auch skizzierst Du die Verdrängungen, die Dich davon abhalten, auf Rasterpunkte einrasten zu können,
die sehr nah an Deinem Gehirngeschlecht liegen.
Z.B. stellst Du Dir die Frage, ob Du "Zwischen" leben kannst, also kann ich davon ausgehen,
dass Dein Gehirngeschlecht Dich stark in die Mitte zieht, aber Du dort keinen Rasterpunkt
vorfindest, der von der Gesellschaft bereitgestellt und akzeptiert wird.

Denn die Annahme und Frage, ob Du diesen "Bruch" leben kannst, wie Du das "Zwischen" nennst,
das beide Anteile in Dir, weiblich und männlich, beinhaltet die Überlegung,
ob Du mit den Schwierigkeiten, die dann in Deinem Leben dadurch entstehen, fertig wirst.
Bzw. auch mit den Schwierigkeiten, selbst damit nicht klar zu kommen, nicht nur
die Schnittstelle zwischen Dir und der Gesellschaft , sondern auch Deine Eigenwahrnehmung
wird durch Deine kognitive Prägung in Frage gestellt.

Das Portal FYG widmet sich diesen Fragen, die Du Dir hier stellst.
Die Antworten auf Deine Ãœberlegungen, sind so zahlreich,
wie Die Artikel auf dieser Webseite, und es werden jeden Tag mehr.
Es gibt unzählige Möglichkeiten, Dich zu harmonisieren,
aber es kann auch sein, dass keine Harmonisierung auf der mentalen Ebene für Dich möglich ist.
Dies kann nicht erzwungen werden.
Es ist eine Arbeit an sich selbst, Stück für Stück. Schritt für Schritt.

Vielleicht war es wichtig, diese Webseite gefunden zu haben,
die Dir bestimmte Richtungen zeigen kann, um wieder etwas mehr Wissen über Dich selbst
zu erlangen, und dann dadurch wieder individuell für Dich vorwärtszukommen.
Das Ziel ist die Selbstzufriedenheit mit Dir.
Dann, ein weiteres Ziel ist die Zufriedenheit mit der Gesellschaft.

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