Sprache deckt das Patriarchat auf

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Freeyourgender
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Sprache deckt das Patriarchat auf

Beitrag von Freeyourgender » 29 Okt 2016, 11:26

Hengstin - > Nein -die Verwunderung über diese Wortschöpfung in den Youtube-Kommentaren
des offiziellen Musikvideos zum gleichnamigen Song von Jennifer Rostock ist
nicht allein dem Umstand geschuldet,
dass sich Leser_innen die Frage stellen, warum nicht die Bezeichnung Stute gewählt wurde,
um ein weibliches Pferd zu beschreiben:
Nein - eben nicht, denn Stute würde genau die Assoziation bei Leser_innen hervorrufen,
die Frau hervorruft, in dem Maße anders wie Mann.
Die Bezeichnung Stute besetzt die Frauenrolle, die im Patriarchismus Eigenschaften besitzt,
die weibliches Dienen und Hingabe begrifflich überzeichnen, daher ist dieser Begriff nicht nur im Erotik-Biz beliebt,
wenn es darum geht, das Gegenteil von Dominanz auszudrücken, in Verbindung mit ständiger
sexueller Verfügbarkeit >Nutzbarkeit. Vom Nutztier Pferd zum Nutztier Mensch. Von Stute zur Frau.

Nein - es geht genau darum, nicht um das "falsch gewählte" Wort,
sondern um den umgekehrten Effekt, den Hengstin für die Bezeichnung einer Frau nun bekommt:
Das Wesen Frau wird mit dem Begriff "Hengstin" nun mit männlichen Eigenschaften besetzt,
die "eigentlich" dem Begriff "Hengst" zugedacht sind.
Der Knoten im patriarchal denkenden Kopf löst genau die Kommentare im Internet aus,
die ausgelöst werden sollen.
Chapeau !
Geistige Verwirrung.
Fragt sich nur, wer geistig verwirrt ist, unsere patriarchale Sprachgewohnheit,
oder der Effekt der eintritt, wenn diese aufgelöst wird und damit patriarchale Strukturen sichtbar werden.

Das Weib, das Mädchen, wir haben hier die Versachlichung zum einen,
die Endung mit chen zum anderen, die Verniedlichung,
das Gegenteil von Autorität.

Der Herr, Der Mann, der Junge, wollten wir hier einen Zweifel haben, dass es sich um einen richtigen Mann handelt ?
Der ist eindeutig. Und ja - einen Jungen als "Jungchen" zu bezeichnen, wäre beleidigend,
wäre eine negative Konnotation, bei Mädchen ist das nicht nur kein Problem, sondern die "richtige" Bezeichnung.

Ja - es gibt auch ein Die, für "die Frau".
Aber Frau war nicht immer die automatische Bezeichnung für eine Frau.
Wir müssen nicht weit in die patriarchale Vergangenheit zurückgehen, als "Frau" nur dann eine Bezeichnung war,
wenn diese geheiratet hat, sich zur Sklavin des Mannes gemacht hat,
der über sie bestimmte: Sie konnte kein Konto eröffnen, und nicht selbständig entscheiden,
ob sie Geld im Haushalt dazuverdient.
War sie unverheiratet, war sie ein "das", nämlich "das Fräulein",
weil "das", die Versächlichung und Entpersonifizierung nicht ausreichte, wurde noch ein "lein" angehängt,
um die Unwichtigkeit zu betonen.
Ja sicher, so etwas unwichtiges musste auch nicht am politischen Diskurs teilnehmen: Wahlrecht? Fehlanzeige.
Bildung? Studienmöglichkeit? Wozu das denn?


Jennifer Rostock, Hengstin


Wiki:
https://de.wikipedia.org/wiki/Jennifer_Rostock

Indizes:
Patriarchat - FYG0011



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