Stealth - > Abwehrreaktion, Identitätsbestätigung

Antworten
Benutzeravatar
JasminRheinhessen
Beiträge: 619
Registriert: 11 Sep 2014, 19:18
Wohnort: Würzburg

Stealth - > Abwehrreaktion, Identitätsbestätigung

Beitrag von JasminRheinhessen » 15 Mai 2015, 02:24

Stealth zu leben, ist für viele keine Frage oder Entscheidung.
Für viele ist Stealth überhaupt nur die einzige Möglichkeit , ihre Identität voll zu erleben,
ihre Fremdwahrnehmung muss "passen", damit sie sich spüren,
auch vom Betrachter ausgehend, der ihnen dann das Gefühl gibt,
was sie innen auch spüren: Eine Frau zu sein (oder Mann).

Passt diese Fremdwahrnehmung nicht in dem Maße, dass der Betrachter diese Menschen so sieht,
wie sie "innen" fühlen, kippt ihre Harmonisierung wieder zurück in Disharmonie.
Sie wollen nicht als "Trans" oder irgendwas gesehen werden,
was bereits schon wieder das falsch zugewiesene Geschlecht (Hebammengeschlecht)
aufs Tablett bringt, diskutierbar macht, sie in "Beweis-" und Erklärungsnot bringt.

Die Intention Stealth leben zu wollen, ist also nicht nur für viele eine Identitätsbestätigung,
die sie für ihre Harmonisierung brauchen,
sondern oft "auch" eine Art Trotzreaktion auf Nichtkazeptanz.
Diese Trotzreaktion ist umso größer, je höher die Nichtakzeptanz ist, bzw. je stärker diese erlebt wird.

In diesem Fall ist die Unmöglichkeit nicht "passen" zu können besonders dramatisch und führt
zu einer Situation, die oft keinen Ausweg weiß.

Eine Frau, mit männlichem Genital geboren, schrieb in einem Forum dazu folgende Zeilen,
die das Beschriebene emotional illustrieren:

"Stimmt ... die Toleranz, die wir immer an die Wand malen gibt es nicht. Diese ganze Integrationspolitik macht alles noch schlimmer und stellt uns noch weiter als etwas anderes dar. Die TS werden auch von sämtlichen Vereinen ala LGBT instrumentalisiert, denn Trans hat damit NULL zu tun ...

Bei Transmänner gelingt die Integration immer noch recht gut, weil man einer geborenen Frau ein männliches Verhalten/Bild noch eher abnimmt und integriert, als wenn ein geborener Mann es als Frau versucht - viele finden es abartig, eklig usw. ... ich hatte es hunderte Male. Solange es keiner weiß, bist du hübsch und sexy und nach einem Outing fragen sie ob man schwul ist und wie dass dann mit dem Penis ist ... da kotz ich auch immer alle Bete ...

Und dann immer diese lächerlichen Transtagungen, Partys blaaa ... trägt NULL bei ... CSD wo die bunten Vögel rumspringen und noch alles schlimmer machen. Wenn die Leute Transe hören, denken die an die Bierbauchmänner mit lila Lidschatten, Minirock und das die Haare aus der Glitzerstrumpfhose rausgucken - da zuckst einfach nur zusammen und so rennen da einige auch rum ... den Spuk wird doch niemand mehr los aussem Kopp!

Transsein sind verlorene Mühen ...
Stealth leben und Klappe halten! "


Die Autorin drückt hier ihr Gefühl aus,
dass es einfach keinen Sinn macht, als Frau innerhalb des TS-Diskurses gegen Windmühlen zu kämpfen.
Nur zu verständlich.
Wenn ein Mensch keine politischen Motivationen hat, bzw. Aktivismus als Aufgabe sieht,
wozu nicht jeder Zeit, Nerven und Kraft aufbringen möchte, ist das nachzuvollziehen.
Es gibt in der Tat für einen einzelnen Menschen individuelle Dinge, die für ihn wichtiger sind,
auf die er sich konzentieren möchte.
Umso wichtiger ist es, dass es Webseiten wie FreeYourGender gibt,
die die Aufklärung fokussieren, den Kampf gegen Nichtakzeptanz führen,
und somit auch etwas für Menschen tun, die sich für Stealth entscheiden,
und zwar immer dann, wenn Stealth mißglückt, wenn es zu einem ungewollten Outing kommt:
Dann ist es gut, wenn eine Gesellschaft in der Zwischenzeit doch wieder etwas gelernt hat,
eventuell der eine oder andere nicht gleich die Nase rümpft, sondern versteht,
weil er die Materie durch die Reibung mit dem Thema verstanden hat.


Indizes:
Stealth - FYG0020
Passing - FYG0015
Nichtakzeptanz - FYG0025


Bild

"Far Away Thoughts"
John William Godward
1892






2844029b2fdd4fb180f60e87d52d7593



Antworten

Zurück zu „Passing“