selbstgenerierter reaktionärer Feminismus

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JasminRheinhessen
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selbstgenerierter reaktionärer Feminismus

Beitrag von JasminRheinhessen » 20 Okt 2018, 12:59

Links stand immer für freie Sexualität, für das Sprengen von Regelwerken, die diese ureigene Freiheit des Menschen einzuschränken versuchten. Linke meinen eventuell, sie können mit patriarchal geprägten, von fundamental-religiös-geprägten Männern genauso frei sein, wie mit den Männern, die der Feminismus nach hunderte von Jahren Kampf mit den Frauen auf gleiche Augenhöhe gebracht hat, ja, schon fast in eine Devotheit. Freie bunte Liebe geht aber nicht mit südlichem Patriarchat. Wir sind hier im tiefsten Mittelalter. Die Skalierung dieses südlichen Patriarchats reicht vom stolzen Italiener und Spanier, dessen Macho-Allüren bereits von dem Klischee-Bild eines Mannes abweichen, dass die grünpolitische Frau gutfinden will, es ist dazu bereits zu autoritär, die Skalierung geht dann weiter, wenn wir uns Richtung Orient und Afrika weiterbewegen. Wie dort die Unterdrückung aussieht, muss ich hier nicht weiter erläutern. Wir könnten meinen, eine Frau, die linksgrün wählt, muss devot sein. Wenn sie es nicht ist, bleibt nur an ihrem Verstand zu zweifeln. Oder aus welchem Grund sollte sie die Zeichen ignorieren, die sie jeden Tag sieht? Die Inkompatibilität patriarchaler Lebensweisen, patriarchaler Religionen mit ihrem Wunsch, in kurzem Minirock alleine in eine Bar zu gehen? Spaß zu haben? Ihre freie Sexualität, ihre Emanzipation genießen zu wollen? Grüne und Linkspolitische sind, wenn sie sich nach dem "starken" Mann sehnen, zutiefst reaktionär gegenüber ihrer eigenen Revolution, sie verraten sie förmlich, indem sie Vielfalt neu formulieren, in der erweiterten Form, sie meinen, wenn sie das Patriarchat in ihre Revolution der freien Sexualität, der freien Frau inkludieren, fundamentale religiöse Lebensweisen, frauenunterdrückende patriarchale Lebensweisen, dass ihre Welt noch bunter wird, das ist fatal, denn Vielfalt und bunt stand immer für die Abkehr von der binären, schwarz-weißen patriarchalen Ideologie, in der die Frau die Sklavin des Herren, des Mannes ist. Erst 1997 wurde der §177 aus dem deutschen StGB gestrichen. Vergewaltigung war bis 1997 nur außerehelich definiert, die Frau war quasi per Heirat im Besitz des Mannes. Wenn er Lust hatte, konnte er über sie verfügen. Allerhöchstens eine Ordnungswidrigkeitsstrafe hatte er zu erwarten, wenn er gegen ihren Willen sie nötigte, mit ihm sexuell zu verkehren. Haben das die Feministinnen, die für offene Grenzen werben, bereits vergessen? Wenn also Feministinnen uralte ureigene patriarchale Strukturen aufnehmen, und diese Rückschritte als bunt und weltoffen und Teil einer Vielfalt preisen, öffnen sie die Tür zum vorigen Jahrhundert. Sie sind die 7 Geißlein, die den Wolf in ihrer Gutgläubigkeit hereinlassen. Wie in dem Roman von Max Frisch, Biedermann und die Brandstifter, in denen die Besucher offen sagen, was sie tun werden, nämlich das Haus anzuzünden, und Frisch zeigt im Roman, dass die Gastgeber, von pathologischer Gutgläubigkeit getrieben, dass dies ja niemals sein kann, weil es offen gesagt wird. Es kann sich nur um eine Spielart, um Polemik handeln. Doch das Haus brannte, und selbst dann wurde nicht geglaubt, dass es die Brandstifter waren. Wie heute in der Realität, wenn eine Vergewaltigung aus einer Prägung heraus, aus einer Erziehung heraus passiert, ein Ehrenmord, der sich darauf begründet, dass der Mann sich im Recht fühlt dies zu tun, wenn alles klar vor den gutgläubigen Augen zu sehen ist, werden trotzdem weiter Wege gesucht, diesen Mann zu verteidigen, er bräuchte ja noch Zeit sich zu integrieren, er war noch traumatisiert von seinen schlimmen Erfahrungen. Und ja - wir waren zu schlecht, wir haben bei der Integration noch Fehler gemacht. Max Frisch wäre begeistert von den Grünen, den Linken, wie sie seinen Roman in Perfektion in der Realität nachspielen. Solange dieses Paradoxum den Grünen, den Linkspolitischen anhaftet, die alles verraten, was bisher erreicht wurde, sind sie unwählbar geworden. Der Schutz vor dem Patriarchat von außen, dass uns ins Mittelalter zurückmessert, hat Vorrang vor einer weiteren feministischen Weiterentwicklung unseres Landes durch linke Kräfte. Ja, das Bild der Frau der 50er Jahre in unserem Land, das Land, für das Frauen gekämpft und gelitten haben, damit es für Frauen so frei ist, wie es heute ist, das Bild einer Frau der 1950er Jahre ist dann das kleinere Übel, als das, was wir bekommen müssen, wenn wir jetzt nicht handeln. Unser Land hat sich heute bereits verändert. Es ist unfreier geworden, Frauen überlegen, während sie vor dem Kleiderschrank stehen, was sie im Sommer tragen, wohin sie gehen und mit wem sie sich treffen. Entscheidungen werden wieder der Angst untergeordnet. Die Lust am Leben und an der weiblichen eigenen freien Sexualität wird zersetzt. Nein, das ist alles andere als trivial. Es geht um die Freiheit der Frau per se. Sexualität ist nur der Hebel, sie komplett aus der Gesellschaft auszuschließen. Sie wird ein Opfer, nur weil sie eine Vagina hat. Alle weiteren Rechtebeschneidungen folgen aus dieser Gegebenheit. Wer nicht weiß, wie unfrei eine europäische Frau noch im 19 Jhd. war, dem empfehle ich, dies zu recherchieren, wenn wir jetzt keine Änderung einleiten, wirst Du diese unfreie Frau des 19 Jhd. bald als modern und emanzipiert bezeichnen können. Wir verlieren keine 150 Jahre der Emanzipation, sondern 500. Entscheide Dich. Ich verliere lieber 50 Jahre, das ist zwar auch nicht erfreulich, wenn Parteien, die uns vor dem Patriarchat, das von außen auf uns einströmt, schützen, dass diese Parteien die Frauenrechte in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts zurückschrauben möchten, aber es ist das kleinere Übel. Linkspolitische Parteien, die für offene Grenzen sind, und zeitgleich die Folgen des Patriarchats, das sie dadurch hereinlassen, ignorieren, ja noch weiter, sogar die Rechte dieser Männer, die patriarchal handeln, schützen wollen, und dies unter dem Namen des Antiautoritären, des weltoffenen nichtunterdrückenden Umgangs mit Mitmenschen, der Revolution der Moderne, die sie einst vertraten und für die sie kämpften, können sich nie im Namen derer Feministinnen und Feministen nennen, die dieses Land für uns bereitet haben.

„Die Frauenfrage ist zwar zum großen Teil Nahrungsfrage, aber vielleicht in noch höherem Maße Kulturfrage, in allererster Linie aber ist sie Rechtsfrage, weil nur von der Grundlage verbürgter Rechte an ihre sichere Lösung überhaupt gedacht werden kann.“ - Anita Augspurg

Salammbo, Band 1



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