Offline-Entscheidung aufgehoben

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JasminRheinhessen
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Offline-Entscheidung aufgehoben

Beitrag von JasminRheinhessen » 18 Jan 2017, 11:44

Liebe Leser_innen von FreeYourGender,

am 11. Januar 2017 hatte ich mich entschieden, das Portal vom Netz zu nehmen,
die politische Situation ist im Wahljahr 2017 durch starke Strömungen von rechts für
Ansichten im Bereich Genderforschung prekär.

Diesen Kräften wollte ich mich nicht aussetzen, und suchte Schutz in der Anonymität,
bzw. indem ich Geschlechterthemen auf eine Weise behandeln wollte,
die unverfänglicher für mich wären.

Ich begann, das Thema in eine allgemeinere Forum zu fassen,
und startete das Portal GESCHLECHTVERSTEHEN.de

Am 18. Januar schrieb mir eine Leserin meines Buchprojekts "Das Heterosexualitätskonstrukt" eine Facebook-Nachricht,
mit einem Link.
Sie fand eine Hörspielproduktion des Buches "Orlando" der Schriftstellerin Virginia Woolf
auf der Webseite des Bayerischen Rundfunks.
https://www.br.de/radio/bayern2/inhalt/ ... ie100.html

Die Verbindung zum Bayerischen Rundfunk war für mich alles andere als belanglos,
war es doch für mich das Verhalten der CSU, die mich den Entschluss fassen ließ, FYG off zu nehmen:
http://www.queer.de/detail.php?article_id=27935
Ich wollte der CSU während des Wahljahres 2017 nicht in die Suppe spucken,
denn sie Griff nun auch Gender-Themen in einer negativen Konnotation auf, um die Argumente der AFD zu neutralisieren.

Zum anderen beschäftigte ich mich auch während meiner Studie über Transsexualität mit Virginia Woolf,
sie fiel mir des öfteren auf, hatte aber ihre Biographie, ähnlich wie Oscar Wilde's Schicksal zwar registriert,
aber nicht in hoher Intensität beleuchtet.
http://www.freeyourgender.de/forum/view ... =461&t=495

Natürlich ist ihr Roman "Orlando" in meiner Interpretation der gefühlsauthentischste Roman, den Virginia Woolf schrieb,
eine Spiegelung ihrer Identität in Bezug auf Geschlechtlichkeit.

Virginia Woolf sagte öfter, dass ein Leben ohne schriftstellerisches Wirken für sie keine Bedeutung hat,
mir war das für mich nie bewußt, es wird mir aber durch Virginia Woolf`s Aussage immer bewusster.

In einer Welt, die von Klischees und Stereotypen überladen ist, die Dinge permanent falsch darstellt,
ist es wichtig, Leuchttürme zu haben, Signale, die Authentizität zeigen, die Orientierung geben.
Fallen diese Signale auch noch aus, wird es dunkel.

Orientierungslosigkeit ohne Signale führt zur Verzweiflung, vielleicht war Virginia verzweifelt,
als sie den Freitod wählte, und in den See ging.
Vielleicht hätte ihr ein Signal genügt, ein Signal der Art, dass sie selbst öfter ausgesendet hatte,
aber keines selbst erhielt.
FYG ist desshalb entstanden, von einer Frau erfahren zu müssen,
die wegen Nichtakzeptanz im Herbst 2013 von einem 30m hohen Autokran sprang.
Ihr hätte vielleicht ein Signal, ein Zuspruch im richtigen Moment das Leben gerettet.
Dies ist meine Intention, und diese muss die Kraft behalten,
eigene Ängste zu überwinden.
FYG muss ein Signal bleiben, für andere, die keinen Halt mehr haben,
sich von allen verraten fühlen, jeden Tag, solange es nur irgend möglich ist.

Wir können Menschenrechte nicht zur Handelsmasse von Politik machen.
Desshalb muss FYG weitergeführt werden.
Auch wenn mich viele dafür hassen werden.

Erst gestern schrieb ich einen Artikel auf GESCHLECHTVERSTEHEN.de,
über die Gewalt der Männer in Rußland gegenüber ihren Ehefrauen
http://www.geschlechtverstehen.de/forum ... c.php?t=14
Alle 40 Min wird in Rußland eine Frau von einem bzw. ihrem (Ehe)Mann ermordet.

Ich prangerte in meinem Artikel diejenigen an, die schweigen,
da sie sich zu Mittätern machen.
Ich wäre auch eine Mittäterin, wenn ich FYG weiter off lasse.

Die Suizidrate im Problemkomplex Gender und Transsexualität sind eine Größe,
die jede Kraft, die hier lindert, zu Hilfe ruft.

Nein - wenn ich weiter schweige, und Mißstände nicht als solche benenne,
dann bin ich mit Virginia Woolf d'accord indem sie sagt: "Das ist für mich nicht lebenswert".
Jeden Atemzug den ich nehme, jeden Schlaf den ich bekomme,
der mir erneut Kraft spendet, für einen neuen Tag,
macht für mich nur Sinn, wenn ich für Menschen kämpfe,
die keine Stimme mehr haben.

FreeYourGender will daher wieder eine Stimme sein, für diese Menschen.

Virginia Woolf auf Wikipedia
https://de.wikipedia.org/wiki/Virginia_Woolf

bitte lies dazu auch die englische Version:
https://en.wikipedia.org/wiki/Virginia_Woolf
In der englischen Version wird ihrem Roman "Orlando" bedeutend mehr Bedeutung verliehen,
für das Ziel, den ihr Roman unmissverständlich hat, Zitat:
"In 1928, Woolf presented Sackville-West with Orlando, a fantastical biography
in which the eponymous hero's life spans three centuries and both sexes.
Nigel Nicolson, Vita Sackville-West's son, wrote, "The effect of Vita on Virginia is all contained in Orlando,
the longest and most charming love letter in literature, in which she explores Vita,
weaves her in and out of the centuries, tosses her from one sex to the other, plays with her,
dresses her in furs, lace and emeralds, teases her, flirts with her, drops a veil of mist around her."


Interpretation von mir zu der Tatsache, dass Virginia Woolf die Zeit, während sie an ihrem Roman "Orlando" schrieb,
zu den glücklichsten ihres Lebens zählte:
Sie konnte in diesem Roman über geschlechtliche Identitäten frei verfügen, sich mit diesen Treffen, Verabreden,
und so sich mit sich selbst in Gänze verbinden, was ihr im wirklichen Leben versagt blieb.

Die einzige Aufnahme der Stimme von Virginia Woolf, aufgenommen 1937:
http://www.bbc.com/news/entertainment-arts-28231055

Ein "must have to read" im Zusammenhang zu Virginia Woolf und ihrem Roman Orlando ist auch
die Geschichte von Vita Sackville-West:
https://de.wikipedia.org/wiki/Vita_Sackville-West


Wir können nicht aufgeben. Sonst ist alles umsonst gewesen.




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